Geschreibsel

In meinem Journal finden Sie in regelmäßigen Abständen Informationen zu meiner Arbeit und dem steinigen Weg dorthin …

Journaleintrag vom 21.12.2022

Bin ich diesmal ins Wanken geraten, als die Weihnachtszeit – wie immer völlig überraschend – auf mich zuraste und damit die Notwendigkeit, einen Weihnachtskürzestkrimi zu verfassen? Liebe Leserinnen und Leser, ich gebe es offen zu. Ich bin – wie ebenfalls jedes Jahr – ins Wanken geraten, ob es diesmal wirklich eine neue Ausgabe dieses Elaborates geben soll. Und bis zuletzt unentschlossen geblieben. Denn als Vorsitzender der Deutschsprachigen Gesellschaft für angewandte Prokrastination, neige ich stets zu LMA (Last Minute Activities).

Okay, lassen wir mal die Vorrede und kommen zur Sache. Wie nun schon seit so vielen Jahren, freue ich mich, Ihnen – geneigte Leserinnen und Lesern – meinen diesjährigen Weihnachtskürzestkrimi mit den besten Wünschen zum Fest unter den virtuellen Weihnachtsbaum zu legen.

Polternd fiel Paul die Kiste mit Bauklötzen auf den Boden, als er mit zitternden Händen versuchte, sie in diesem merkwürdigen Sack zu packen. Erschrocken hielt er inne und lauschte, ob der offensichtlich einzige Kaufhausnachtwächter des deutschsprachigen Raums mit Berufsethos gerade eine weitere Runde drehte und möglicherweise in Hörweite war. Es regte sich jedoch nichts und er hörte nur das gelegentliche Vorbeirauschen des um diese Tageszeit eher spärlichen Verkehrs. Schnell holte er die Liste hervor und machte sich auf die Suche nach den nächsten Spielwaren, die er in den Sack zu stopfen hatte.

Ein ziemlich absonderlicher Job, den zu erledigen, er sich hatte erpressen lassen. In Auftrag gegeben von einem noch viel schrägeren Typen mit einer üblen Fahne, der ihm was von einer Pechsträhne vorgejammert hatte. Das wäre ja noch egal gewesen, aber dass der Kerl von Pauls kleinen Finanzjonglagen wusste, die er ohne Zögern seinem Chef ausplaudern würde, hatte Paul überzeugt, ihm den «kleinen Gefallen» zu tun. So stolperte er nun möglichst leise durch diesen in die Jahre gekommenen Konsumtempel, versuchte im Dämmerlicht seinen «Einkaufszettel» zu entziffern und fluchte unablässig vor sich hin.

Das nächste Exponat, das in den gewaltigen Sack zu wandern hatte, stellte sich als eine gewaltige Ritterburg von Playmobil heraus. Verpackt in einer dermassen grossen Schachtel, dass sie kaum durch die Öffnung passte. Er zwängte das schwere Ding irgendwie hinein und wollte schon weitereilen, als er stutzte. Verwirrt hob er den Sack, der weder voller, noch schwerer wirkte. Nach allem, was er bisher schon hineingestopft hatte, konnte das einfach nicht sein.

Eine ganze Zeitlang stand Paul regungslos zwischen Gesellschaftsspielen, Puppen, die sprechen und pinkeln können und flauschigen Einhörnern, während es in seinem Hirn knirschte und arbeitete. Langsam fügte sich eins zum anderen. Dieser Kerl, der war ihm gleich so komisch vorgekommen. Weisser Bart, vergammelter, aber eindeutig ehemals roter Mantel. Und hatte nicht ein Stück entfernt ein Schlitten mit vorgespannten Rentieren gestanden? Der Weihnachtsmann hatte ihn genötigt, Geschenke zu «besorgen». Ihn, der schon lange nicht mehr an den Weihnachtsmann glaubte!

Er wollte schon fortfahren, die Liste abzuarbeiten, da traf noch ein weiterer Gedanke ein. Ein schäbiger zwar, aber hey, der Kerl hatte schliesslich damit angefangen, Mit diesem Sack konnte sich ebenso gut die Schmuckabteilung des Warenhauses einpacken lassen, die Ständer voller Pelzmäntel, die ihm beim Eintreten schon aufgefallen waren, sowie sämtliche Weinregale. Ohne sich dabei krumm schleppen zu müssen. Dann durch die Hintertür raus und der Alte konnte ihm gestohlen bleiben.

Paul überlegte nicht lange, das tat er nie. Wozu auch? Der weitere Streifzug durch das nächtliche Kaufhaus ging fast wie von selbst und es dauerte nicht lange, bis er beschwingten Schrittes durch die schlafende Stadt eilte. Als er sich in sicherem Abstand vom Kaufhaus und diesem Weihnachtsmann wähnte, schien die Zeit reif für einen kräftigen Schluck von dem Roten, den er extra als letztes in den Sack gepackt hatte. Ein Blick über die Schulter zeigte Paul, dass er allein war, ein beherzter Griff in das stinkenden Leinending ging ins Leere. Verdammt, wo war das ganze Zeug, das er in den vergangenen Stunden hier rein geschaufelt hatte? Paul tastete im Nichts, beugte sich immer weiter in den Sack und spürte plötzlich einen groben Tritt in den Hintern, der ihn vollends hinein beförderte. Im tiefen Fall hörte er noch die dröhnende Stimme dieses verschrobenen Kerls, der ihm wohl doch irgendwie gefolgt hatte und ihn nun auf das Übelste verspottete. Dann war da nur noch übelriechendes Nichts.

Journaleintrag vom 19.12.2021

Was rumpelt, ist voller Wiederholungen und nervt unterdessen gewaltig, liebe Leserinnen und Leser? Richtig, ein weiteres pandemisches Jahr. Mit wenig Aussicht auf baldige Besserung. Aber natürlich sollen wir alle – unter Berücksichtigung der regional geltenden Corona-Bestimmungen – die Feiertage angemessen begehen, Rückschau halten, über das Kommende nachdenken und nicht zu schwer essen und trinken. Ja und unbedingt auch etwas für unsere literarische Bildung tun. Sollte also für dieses Mal kein Buch unter dem Weihnachtsbaum liegen, haben Sie nochmal richtig Glück gehabt. Denn hier finden Sie den diesjährigen Weihnachtskürzestkrimi mit meinen besten Wünschen für ein erfreuliches Fest.

Giezendanner erhebt sich schwerfällig aus seinem abgewetzten Ledersessel, wirft einen letzten Blick auf die Übertragung der Überwachungskameras und grabscht nach dem Schlüsselbund. Zwei Uhr in der Frühe und endlich, erst jetzt, herrscht wirklich Ruhe im Bürogebäude der Blager Consulting. Diese verdammten Weihnachtsfeiern, auf denen selbst die zugeknöpftesten Senior Consultants, Senior Vice Presidents und Senior Wasnochalles, zu volltrunkenen, peinlich degenerierten Volltrotteln mutieren. Auch, wenn er an solchen Abenden schon viel gesehen hat, schüttelt er auf dem Kontrollgang durchs Haus wieder und wieder den Kopf. Über die leeren Flaschen am Boden, zerbrochene Champagnerkelche, verlorene(!) Krawatten oder andere Kleidungsstückchen, und sogar die eine oder andere Lache Erbrochenes. «Schlimmer, als Hooligans am Samstag in der Innenstadt», grummelt er angewidert vor sich hin. Immerhin muss er den Dreck nicht aufwischen. Die Verursacher leider auch nicht, die tanzen hier morgen früh wieder poliert und gestriegelt an, als hätten sie sich tags zuvor nicht wie die Schweine benommen.

Im Treppenhaus holt Giezendanner tief Luft. Um sie sogleich wieder anzuhalten. War da nicht ein Geräusch? Angestrengt jeden Laut vermeidend, lauscht er in die Tiefe, aus der er etwas gehört zu haben meint. Und richtig, da setzt es wieder ein. Ein Heulen? Verdammt, ein Johlen! Einer der Betrunkenen scheint noch im Haus und aktiv zu sein. Wer weiss, was der alles anstellen mochte. Aber nicht unter Giezendanners Regime. Ganz sicher nicht!

Zwei Stufen auf einmal nehmend, läuft er treppab, unterbrochen von gelegentlichem Innehalten und Lauschen, ob er noch auf der richtige Fährte ist. Schliesslich steht er ratlos von der angelehnten Tür zum Heizungskeller, aus dem nun deutlich «einer geht noch, einer geht noch rein» schallt. Wie konnte jemand hier hineingelangen? Und was zur Hölle geht darin vor sich? Wie von selbst tastet seine Hand zum Schlagstock, den er stets an der Hüfte trägt und den er möglicherweise genau für diesen Augenblick auf einem Flohmarkt für kleines Geld erstanden hat. Die andere schiebt die schwere Tür leise quietschend auf und gibt damit den Blick auf die Ursache der nächtlichen Störung frei. Umgeben von zahllosen Weinflaschen sitzt ein fettleibiger, rotgewandeter Greis mit weissem Vollbart und glänzender Glatze zwischen den Heizungsrohren. Die Worte seines johlenden Gesangs klingen verwaschen, offensichtlich hat der alte Mann einige der anwesenden Flaschen höchstpersönlich geleert.

Wie gelähmt steht Giezendanner eine ganze Weile in der halboffenen Tür. Der Kasernenhofton, mit dem er sonst unklare Situationen regelt, will sich nicht einstellen. Auch die üblichen Ordnungsrufe, die er gerne einsetzt – «Ruhe», zum Beispiel. Oder «Jetzt ist aber Schluss» – erscheinen ihm merkwürdig unangemessen. Ohne, dass er erklären könnte, wie es dazu kam, sitzt er plötzlich neben dem Weihnachtsmann und nimmt einen beherzten Schluck aus einer Flasche sündhaft teuren Brunello di Montalcino. Hat er gerade «Weihnachtsmann» gedacht? Trinkt er Alkohol im Dienst? Macht er sich mit Randalierern gemein?

«He, Alter. Sssst!», nuschelt der Weissbärtige mit feuchter Aussprache in seine Richtung.

«Ham se dich auch beraten, diese ganzen Sssssssinior Consssssaltents?»

Beim Wort «Beraten» zeichnet er ein paar wackelige Anführungszeichen in die Luft.

«Agiler soll ich wern, meinen se. Mit nem Knabenbord arbeiten, die Spinner. Solln das übahaup sein, Knaamboad?»

«Kanbanboard», entfährt es Giezendanner unwillkürlich, der während seiner Tätigkeit in diesem Haus einige Buzzwords aufgeschnappt hat.

«Egal», der Weihnachtsmann wischt die Korrektur seines neuen Freundes mit energischer Geste beiseite. «Recht ham se auf jeen Fall. Ich sattel um, iss nie ssu spät. Und Kunden kriech ich jede Menge. Der Osssserhase ssum Beispiel. Mit den ganssssen Eian, ey. Der musssas viel agiler machen. Oder der …»

«Und wer macht dann deinen Job?», fragt Giezendanner nach einem weiteren tiefen Schluck aus der Flasche. Dabei ist er nicht sicher, ob ihn das wirklich interessiert.

Jetzt herrscht Schweigen. Nur am lauten Schnaufen kann er erkennen, dass sein Sitznachbar noch lebt.

Das Schweigen hält an.

Dann setzt sich der andere auf. Jetzt wirkt er kaum noch betrunken, während Giezendanner langsam in eine Rechtskurve abschwindelt.

«Du machst das. He, ein toller Job, so als Weihnachtsmann. Viel freie Zeit, du hast mit Menschen zu tun, bringst viel Freude. Okay, ein bisschen Stress musst du aushalten können, gerade so gegen Jahresende. Aber alles in allem …»

Giezendanner spürt mehr, als dass er es selber steuert, wie er aufspringt und damit beginnt, sich die Kleider vom Leib zu reissen.

«Ssssuper Idee, Mann. Ich hab diessse Scheissssse hier eh satt. Her mit dein Klammmmottten, ich übernehm die Schose. Gimmier dein Sack und wo hasse den Schlitten geparkt?»

Journaleintrag vom 20.12.2020

Was für Zeiten, welch ein Jahr, liebe Leserinnen und Leser, liegt da hinter uns. Und wahrscheinlich auch vor uns. Aber lassen Sie es sich gesagt sein, Sie sind nicht die Einzigen, die sich umstellen oder sogar neu erfinden müssen. Ihm – Sie wissen schon – geht es da nicht anders.

Bevor Sie nun im diesjährigen Weihnachtskürzestkrimi herausfinden, wem und wie, wünsche ich Ihnen besinnliche und ganz und gar entspannende Weihnachtsfeiertage!

«Ho …», wollte er gerade anheben, da fiel ihm sein Gegenüber ins Wort und wedelte mit den Händen neben den Ohren.

«Du bist noch auf Mute»

Ach ja, immer dieser Mist. Wie ging das noch gleich? Fahrig bewegt er die Computer Mouse, umkreiste mit zunehmender Sicherheit die passende Schaltfläche und klickte schliesslich beherzt zu. Machte sich eben doch bezahlt, so ein fundierte Schulung im Umgang mit den neuen Medien.

Und dann nicht zu vergessen, die beschwerlichen Reisewege und -zeiten, die nun endlich wegfallen und auch ihm Home Office ermöglichen. Na gut, ein bisschen mehr Bewegung, als die paar Schritte zwischen dem Arbeitsplatz und der Küche würden ihm sicherlich gut tun. Der Kittel spannte schon ordentlich an den Hüften …

«Jetzt bist Du irgendwie eingefroren. Hörst Du uns noch?»

Es kostete ihn einige Anstrengung, nicht genervt mit der Faust auf die Mouse einzudreschen. Was machte nur die Vereinsamung im Home Office aus seinen so hochgeschätzten Sozialkompetenzen.

Schliesslich war die Verbindung stabil, die klassische Sozialform quetschte sich vor die Webcam, lispelte ein kleines Liedchen und er konnte endlich seine «Ho ho ho» – Botschaft überbringen.

Dann kam der knifflige Teil, den er noch immer nicht so richtig perfekt beherrschte. Die Drohne mit den Geschenkli musste passgenau über dem Schornstein platziert werden, und es galt, im richtigen Augenblick die Ladung auszuklinken. Die Erinnerungen an die ersten Male, als diese daneben ging und schliesslich teilweise im Kräuterbeet landete, nicht zu reden von den Einzelstücken, die es aus der Dachrinne zu fischen galt, trieben ihm nach wie vor die Schamesröte ins Gesicht.

Jetzt noch drei Zustellungen und er hatte Feierabend. Dann einen heissen Tee. Mit Einlage! Ein warmes Fussbad. Und Netflix!

Die wachsende Routine brachte deutliche Entspannung in die nächste Beweihnachtungsrunde. Auch die Steuerung des kleinen Fluggerätes ging ihm immer leichter von der Hand. Schon näherte er sich dem Abwurfzielpunkt. Doch was war das? Von der Seite schob sich ein schwarzer Fleck ins Bild. Kam näher, ohne dass sich genau erkennen liesse, um was es sich handeln mochte. Okay, jetzt hiess es fokussieren, er musste sich auf den Moment konzentrieren, da er den Auslösemechanismus zu betätigen hatte, um genau in die Kaminöffnung zu treffen. JETZT! In dem Augenblick, da der linke Zeigefinger den Druckpunkt überschritt, schoss der schwarze Fleck genau in die Mitte des Screen und er musst tatenlos zusehen, wie die bunt eingewickelten, goldgeschnürten Päckchen und Pakete davon aufgefangen und verschluckt wurden. Geistesgegenwärtig zog er seine Drohne nach oben und erkannte nun das gegnerische Flugobjekt, grösser als seines und die Beute fest im Sack.

«Schmutzli, die Rennelche», rufen und aus dem Sessel springen, waren ein einziger, für den aktuellen Hüftumfang geradezu geschmeidiger Vorgang. Und schon stand er wütend nach vorne gebeugt im Führerstand des davonfliegenden Schlittens, Geschwindigkeit gewordener Zorn auf dieses respektlose Diebespack, während er von seinem treuen Assistenten die sich ständig ändernden Koordinaten des räuberischen Himmelskörpers über die weihnachtliche Direktleitung direkt in den Hörgang bekam.

Trotz des halsbrecherischen Tempos zog sich die wilde, nächtliche Verfolgungsjagd hin, aber irgendwann liessen die Akkus des Gegners nach. Der Weihnachtsmann – ganz in seinem neu entdeckten Element – unterflog seinen Kontrahenten und die Ladung polterte in den Schlitten. Bevor er den Rückflug antrat, liess er seine ergebenen Paarhufer einige Mal auf der feindlichen Drohne herumtrampeln.

Zurück im Home Office begrüsste ihn ein sehr kleinlauter Schmutzli. Es habe etliche Beschwerden wegen verspäteter und ausgefallener Lieferungen gegeben. Der Alte habe sich laut polternd gemeldet und drastische Folgen angedroht. Heimarbeit sei gestrichen, das führe offensichtlich nur zu Lotterei und schwindender Arbeitsmoral. Aber er habe es ja gleich gesagt, wenn man die Leute nicht ständig unter Aufsicht hat, nutzen sie einen nur aus und werden faul und träge! Und als zusätzliche Strafe müsse er – der Weihnachtsmann – demnächst dem Osterhasen logistisch unter die Löffel greifen. Das habe er nun davon!

Journaleintrag vom 17.12.2019

Liebe Leserinnen und Leser. Kurz: Liebe Lesende. Es gibt – zum guten Glück, könnte man sagen – immer gewisse Konstanten im Leben, die zur Orientierung oder auch zum regelmässigen Ärgern Anlass geben. Weihnachten liesse sich in jeder Hinsicht dazu zählen. Und auch ein Blog ist für eine solche Konstanz gedacht. Denn er bietet mir – wenn ich mich für sein Thema erwärme – mit Zuverlässigkeit periodische Beiträge. Nun lässt sich Periodizität in vielerlei Hinsicht auslegen und das tue ich nun ganz ungeniert, bevor ich Sie endlich in den Genuss des diesjährigen Weihnachtskürzestkrimi kommen lasse. Erschienen noch vor Zeiten monatlich neue Beiträge in diesem Krimi Blog, so hat sich dies in den letzten Jahren auf einen sehr angenehmen Zwölfmonatsrhythmus eingependelt. Angenehm für Sie. Und sehr angenehm für mich. So komme ich nämlich nur einmal pro Jahr in Schreibzwang.

Jetzt aber – lange Rede ohne Sinn – auch diesmal wieder meine allerbesten Weihnachtsfestwünsche mit meiner kleinen Weihnachtsfestgabe.

Die Kopfbedeckung tief ins Gesicht gezogen, wedelte er mit der immer noch ungewohnt schwer in der Hand liegenden Waffe durch die kleine Schalterhalle.

„Okay, ich meine es ernst“, donnerte seine geübt feste und sonore Stimme, „wer sich bewegt, kriegt hiermit eins übergebraten.

Die verschreckte Gruppe krawattentragender und kostümgeschmückter Provinzbankangestellter blieb weiterhin wie in der Bewegung eingefroren stehen. Hier und da zeigten sich kleine Schweissperlen auf Stirn und Nasenrücken.

„Du nicht! Grundgütiger! Du packst weiter das Geld in den Sack.“

Drohend bewegte er sich auf die zierliche Person hinter der einzigen Kasse zu, die ebenfalls mit ihren zittrigen Bewegungen innegehalten hatte und nun zögerlich fortfuhr, Bündel um Bündel den für die heutigen Lohnauszahlungen besonders hohen Bestand an Bargeld in den groben Jutesack zu stapeln.

„Und Zefix nochmal, die Packen müssen nicht akkurat aufeinandergestapelt werden“, bellte er grob hinterher.

Es fühlte sich grossartig an. Und schien sich bezahlt zu machen, zumindest interpretierte er den wachsenden Umfang des Beutels dahingehend.

Von Ferne deutete sich lufterschütterndes Getrampel an, der Bankräuber zögerte keinen Augenblick. Mit einer Schnelligkeit und Eleganz, die man seinem gedrungenen Äusseren nicht ohne Weiteres zugetraut hätte, riss er der Frau hinter dem Schalter den Sack aus der Hand und stürmte kommentarlos aus der Halle. Ein letzter Blick über die Schulter liess ihn zufrieden lächeln, von der eingeschüchterten Bande hatte sich nach wie vor noch immer niemand gerührt.

Im dichten Schneegestöber, das draussen auf der Strasse herrschte, erschien das Gefährt seines Kollegen im gerade richtigen Augenblick. Er sprang auf seinen Sitz und verstaute das wertvolle Bündel sicher im Fussraum, bevor er den starrenden Blick des Anderen aufnahm.

„Was?“, die Stimme changierte irgendwo zwischen ahnungslos und gereizt.

„Ich kann einfach nicht verstehen, warum Du das immer wieder machen musst. Gerade Du!“, er schüttelte nachdrücklich den Kopf, während er das schwere Fahrzeug beschleunigte. „Du bist so ein Vorbild. Du hast …“

„Verdammt nochmal, hat mich jemand gefragt, ob ich diesen Job hier überhaupt machen will? Vielleicht ist ja das meine eigentliche Berufung“, er deutete frustriert auf den Sack zu seinen Füssen.

Eine Zeitlang herrschte gespanntes Schweigen.

„Ausserdem brauche ich das Geld“, fügte er versöhnlicher an. „Wer kann schon mit einer so kurzen Saison über die Runden kommen.“

Beide sahen einander tief in die Augen, bevor Ruprecht wieder den Blick auf die Rentiere lenkte. Die noch immer in steiler Kurve in den Himmel hinauf trabten. Beruhigt nahm der Weihnachtsmann ein verständnisvolles Nicken wahr. Es wäre ihm nicht recht gewesen, heute in so gespannter Stimmung arbeiten zu müssen. Schliesslich musste er sich noch ein wenig auf seinen morgigen Einsatz vorbereiten.

Journaleintrag vom 19.12.2018

Für einmal, liebe Leserinnen und Leser gibt es keine grosse Vorrede. Sie haben auch in diesem Jahr nicht viel von mir mitbekommen und ich verschone Sie mit langatmigen, unglaubwürdigen Erklärungen, weshalb das nun schon wieder so sein musste. Lassen Sie sich einfach diesen kleinen, abgeschlossenen Weihnachtskürzestkrimi als Zeichen meiner Wertschätzung und saisonale Gabe überreichen. Geniessen Sie sie, wenn Sie mögen, geniessen Sie aber auf jeden Fall die freien Tage. Und seien Sie froh um den Job, den Sie haben, denn wissen Sie, es könnte viel schlimmer sein!

Verflixt, verdammt und zugenäht. Genau an dieser Stelle war er nun schon mindestens zweimal vorbeigekommen. Entnervt lenkte er den Wagen an den Strassenrand und fingerte nervös auf dem Navi herum. Tippte langsam Zeichen für Zeichen ein, schaute zur Kontrolle jedes einzelne davon auf dem knittrigen, schon leicht verschmierten Zettel nach. Emotionslos forderte ihn die Software auf zu wenden, und den nächsten Kreisverkehr an der dritten Ausfahrt zu verlassen. Wie vorhin. Verbissen lenkte er den schweren Wagen auf die rutschige Fahrbahn zurück, versuchte die hämische Stimme in seinem Hinterkopf zu ignorieren, die an ein unlängst aus Zeitgründen abgelehntes Update des Kartenmaterials erinnern wollte und spürte, wie ihm die Kälte mehr und mehr in die Knochen kroch. Echt jetzt, lange würde er hier nicht mehr herumirren, er hatte schliesslich noch mehr zu erledigen, die konnten ihn alle mal. Der Job stank ihm sowieso schon lange. Immer diese endlosen Reisen, immer der gleich Serm. Wo blieb da die Erfüllung, die persönliche Herausforderung? He, und wo blieb – verdammt nochmal – der Spass?

Immerhin fuhr er nun langsamer, kniff die Augen zusammen und stierte angestrengt durch das zunehmende Schneegestöber auf die Strasse vor ihm. Die monoton vorgetragene Anweisung, in 100 Metern links abzubiegen, liess ihn weiter das Tempo verringern und das Bankett links der unter der weissen Schneedecke immer undeutlich erkennbaren Fahrbahn noch genauer studieren. Tatsächlich, da schien ein kleiner Weg abzuzweigen. Zefix, unauffälliger wäre es wohl nicht gegangen, wie? Vorsichtig lenkte er den Wagen die schlüpfrige abschüssige Strecke hinunter und nahm dann – zuversichtlich, sein heutiges Pensum doch noch bewältigen zu können – wieder Fahrt auf. Die aufkeimende Euphorie schwand jedoch mit zunehmendem Schneefall und immer unwirtlicher werdenden Umgebung. Und sank auf den Nullpunkt seiner nach unten offenen Skala des persönlichen Wohlbefindens, als ihn die Automatenstimme darüber informierte, dass das Ziel links liege. Links, da stand, nein, da kauerte, halb verfallen und wenig einladend ein … Haus? Nein, eher eine Art Hybrid aus gemauerten Teilen und Bretterverschlag, vernagelten Fensteröffnungen und fehlenden Dachziegeln. Seinen Job in gröbsten Tönen verfluchend, schob er sich ächzend in die Kälte, packte sich das Bündel mit dem abzuliefernden Krempel und stapfte widerwillig auf das Stück Holz zu, welches er am ehesten für eine Art Haustüre hielt.

Er wollte gerade ansetzen und mit festem Klopfen seine Anwesenheit kundzutun, da schwang … naja … eierte das verzogene Brett mit schrillem Quietschen auf. Der Atem, den er geholt hatte, um sein sehr beliebtes sonores Stimmorgan zum Einsatz zu bringen, blieb ihm im Halse stecken, als er den Kerl wahrnahm, der dahinter zum Vorschein kam. Es war gar nicht mal die Figur an sich, die – wie er nebenbei bemerkte – spindeldürr und ziemlich abgerissen aussah. Es waren die Augen, mit denen er sich starr gemustert fühlte. Tellergross wirkende Pupillen, kein Lidschlag wahrnehmbar, er konnte fast körperlich spüren, dass er allenfalls verschwommen registriert wurde. Eine Weile musterten die beiden sich, der eine schnaufend, der andere noch immer mit angehaltenem Atem. Schliesslich drehte sich die merkwürdige Figur um. In Zeitlupe zwar, trotzdem stützte er sich Halt suchend an der Wand ab. „He Leute“, rief er mit dünnem Fistelstimmchen, es klang leicht verwaschen. „Brennt der Baum?“ Es dauerte eine Weile, bis sie eine Antwort erhielten. „Glaub nicht. Wieso?“ Ein Rumpeln aus dem Hintergrund begleitete das ebenso langsame, tastende Zurückdrehen, „da ist jemand von der Feuerwehr.“ Jetzt begann sich Panik in die Stimme zu mischen. Oder nein, Hysterie. Das Kerlchen brach in hysterisches Kichern aus, „du bist doch von der Feuerwehr? Feuerwehrhauptmann, oder?“ Die Worte verschwammen ineinander und er wollte gerade erneut Atem holen, um endlich mit seinem, dem Anlass angemessen sonoren Organ den Grund seiner Anwesenheit zu erläutern, da tauchten im Hintergrund weitere Gestalten auf. In einem ähnlich aufgelösten und wie in Watte gedämpften Zustand. Der Vorderste, der noch in der besten Kondition zu sein schien, ergriff das Wort. „Das ist doch kein Feuerwehrmann, das ist ein Strassenarbeiter. Gäll, du bist so ein richtiger Strassenbauarbeiter?“ Alle faselten jetzt durcheinander, übertrafen sich in Deutungen, welchen Berufsstands sein Tenue sein mochte.

„Okay Leute, jetzt haltet mal gerade die Klappe“, es reichte ihm langsam. Scheiss auf die sonore Stimme und den Eröffnungsspruch, „ich bin der Weihnachtsmann. Bringe Euch die Geschenke.“ Das Schweigen hielt nicht lange, dann brüllten alle vor Lachen, schlugen sich auf die Schenkel und versuchten mit mässigem Erfolg, dabei auf den Beinen zu bleiben. „Der Weihnachtsmann, voll klar“, fistelte der Kleine an der Tür. „Natürlich, die roten Klamotten. Sag ich doch.“ Der Wortführer, der den Strassenbauarbeiter ins Spiel gebracht hatte, versuchte sich gefährlich schwankend zurück in einer aufrechte Position zu bringen. Eine Anstrengung, die er selber dadurch sabotierte, dass er den heiligen Mann mit grossen Gesten zum Eintreten bewegen wollte. „Komm nur rein, Du Weihnachtsarbeiter, du kommst gerade richtig, lass uns eins reinziehen.“

Der Rest des Abends versank zunehmend im Nebel. Als sei er bereits durch das Betreten dieses ultimativen Kifferhaushaltes in einen rauschartigen Zustand geraten, der sich mit der Zeit zunehmend verfestigte, begannen auch für unseren Weihnachtsmann die Eindrücke von Raum, Gedanken und diesen interessant schmeckenden Keksen auf dem Teppich miteinander zu verschwimmen, mehr und mehr eins zu werden und einem Gefühl schwimmenden Glücks zu weichen. „Dieser verdammte Job ist mir sowieso endlos auf die Nerven gegangen“, war die letzte klare Überlegung, bevor er sich dem Neuen voll und ganz überliess.

Journaleintrag von Januar bis November 2018 – fiel etlichen technischen Störungen und sonstigen Befindlichkeiten zum Opfer. Wir haben es beide überlebt und freuen uns, dass wenigstens der Dezember in alljährlicher Manier funktioniert.

Journaleintrag vom 20.12.2017

Vom Himmel hoch rieselt leise die Glocken nie klingen we wish you Jingle Bells. Mir dröhnen die Ohren, das kann ich Ihnen flüstern, liebe Leserinnen und Leser. Egal, wohin man sich in diesen Wochen begibt wird einem diese Lärmverschmutzung in die Ohren massiert. Es gibt kein Entrinnen, den natürlichen Filtern des gesunden Geistes gelingt es nicht diese – jawohl hier sei dieser Begriff erlaubt – Kakophonie auszublenden. Doch zum guten Glück sind die Tage solcher entsetzlicher Qualen gezählt und schon bald ist es nurmehr der konturlose Dauermainstream, mit dem wir uns herumplagen müssen und den wir dennoch kaum mehr wahrnehmen.

Um Sie in den letzten Tagen akustischen Weihnachtsterrors ein wenig zu versöhnen und natürlich als mein alljährliches Geschenk mit den besten Wünschen zum Fest aller Feste, möchte ich Ihnen nun hier meinen diesjährigen Weihnachtskürzestkrimi überreichen.

„Polizei. Stehenbleiben, habe ich gesagt!“
Er nahm verärgert zur Kenntnis, dass sich seine Stimme überschlagen hatte. Aebersold, wo ist nur deine professionelle Distanz geblieben, schalt er sich. Wie konnte er sich nach seinen dreißig Dienstjahren noch immer derartig über einen mutmaßlichen Einbruchsdiebstahl aufregen!
Immerhin, der Kerl, der noch immer mit gut 50 Metern Entfernung die Straße entlang hetzte, schien die ultimative Bedeutung seiner Aufforderung ernst zu nehmen. Er blieb stehen, offensichtlich unschlüssig, wie er sich nun verhalten sollte, den großen Sack jedoch nach wie vor fest im Griff.
Als er näher kam, die Waffe im Anschlag, das Herz nicht nur von der ungewohnten Anstrengung pochend, bemerkte Aebersold zufrieden, dass der andere ebenfalls ziemlich aus der Puste war.
„So, den Sack mal schön auf den Boden stellen und dann die Griffel in die Höhe“, er bellte es, um die eigene Kurzatmigkeit nicht allzu offensichtlich werden zu lassen, während er den Verbrecher mit einigem Abstand umrundete. Er musterte den Kerl, versuchte eine schnelle Einschätzung, was bei diesem Exemplar nicht so einfach zu sein schien. Undefinierbares Alter, das Haar schon reichlich weiß, etliche Furchen im Gesicht, obwohl die Augen noch jungenhaft wirkten. Blutige Schnitte im Gesicht mochten auf einen kürzlichen Fechtkampf hindeuten, bei dem er der Unterlegene gewesen war; oder darauf, dass er als fortgeschrittener Dilettant ebenso unlängst seiner Gesichtsbehaarung mit Seife und scharfer Klinge den Garaus gemacht hatte.
Der Kerl hob wenig engagiert die linke Hand bis auf Schulterhöhe, die andere wollte partout nicht von dem schweren Beutel lassen.
Aebersold beschloss, ganz ruhig und bei sich zu bleiben, und sich von dem da nicht weiter provozieren zu lassen. Den Erschöpfungsgrad des anderen ausnutzend, unternahm er einen plötzlichen Ausfallschritt nach vorne, entriss ihm das Corpus Delicti, das sich unglaublich schwer anfühlte und schaffte es mit knapper Not in seine Ausgangsposition zurück, bevor man ihm hätte anmerken können, dass er sich gerade fast übernommen hätte. Ein Blick in das Behältnis vergrößerte die Verwirrung noch, doch das durfte er sich natürlich ebenso wenig anmerken lassen.
„Okay“, Aebersold blieb bei kurzen Sätzen, solange er noch nicht wieder ganz Herr über seine Atmung war. „Kleinen Kindern die Geschenke klauen, wie? Sollte das eine Überraschungsparty für Dich geben?“ Er hatte den Typen ganz eindeutig aus den Fenstern eines Einfamilienhauses hechten sehen. Konnte die Motivation dazu, verpackte Geschenke – mithin die sprichwörtliche Katze im Sack – zu klauen, ganz und gar nicht verstehen.
Sein Gegenüber schien sich inzwischen ein wenig gefasst zu haben. Er hatte beide Hände wieder sinken lassen, machte jedoch nicht den Eindruck, als wolle er angreifen oder davon springen.
„Hören Sie, es ist nicht so, wie es vielleicht aussieht“, begann er mit eindrucksvoll sonorer Stimme. „Sie müssen wissen – und das klingt jetzt möglicherweise etwas merkwürdig – dass ich den Kindern die Geschenke bringe, und sie nicht stehle.“
In der folgenden Stille schienen die alltäglichen Geräusche einer winterlichen Nacht wie verschwunden.
„Nee klar“, Aebersold fand sein inneres Gleichgewicht wieder. „Du bist der Weihnachtsmann. Beschissen rasiert und in Eile, weil die Kinderchen auf ihre Geschenke warten.“
„Gäll?“, schob er hämisch nach.
Der andere nickte zögernd, den Blick auf den Boden gerichtet. „So ist es“, ließ er sich kaum hörbar vernehmen.
„Ach so“, Aebersold kam jetzt in Fahrt. „Und diese roten Klamotten? Du weißt schon, mit dem weißen Kragen. Und dann der weiße, lange Bart?“
„Tja, wie soll ich sagen“, die Stimme wurde langsam fester, „die Kinder sind heutzutage ein wenig hysterisch und reagieren schon mal merkwürdig auf diese Erscheinung. Schon manches Mal bin ich ausgelacht, angespuckt und sogar einmal verprügelt worden.“
Aebersold spürte, dass ihn nicht nur Neugierde, sondern auch ein Anflug von Mitleid überkam. Was natürlich keinen Grund darstellen durfte, seinen Auftrag, die Bevölkerung vor Einbruch und Diebstahl zu beschützen, zu vernachlässigen.
„Sicher, sicher. Und in dem Haus dort hinten, aus dem Du gerade zu fluchtartig gesprungen bist, waren Scharen wildgewordener Adoleszenten mit Streitäxten und Handfeuerwaffen hinter Dir her, wie?“
Selbstsicher schüttelte sein Gegenüber den Kopf, „Aber nein. Es ist nur so, dass ich heute Abend noch jede Menge Geschenke abliefern muss und es daher sehr eilig habe.“
„Aber klar“, Aebersold spürte, wie alles Forsche sich in Luft auflöste. Was ihn gewaltig ärgerte. „Und wohin geht es als Nächstes so eilig?“
„Scheidwaldstrasse“, kam es wie aus der Pistole geschossen.
„Nummer 17?“, ohne es zu wollen, war die Frage aus ihm herausgeplatzt. Scheidwaldstraße 17 war der Ort, an dem er jetzt am liebsten wäre. Wo seine Kleinen mit roten Backen und glänzenden Augen auf das Ende seiner Schicht warteten, damit sie endlich gemeinsam den Weihnachtsabend feiern konnten. Weich wurde er nun, weich und friedfertig. Warm durchflutete ihn dieses Gefühl. Wenn es doch stimmte? Und dieser Mann dort, so ein stattlicher Herr, wahrhaftig der Weihnachtsmann war? In Zivil, um sich nicht dem Missfallen einer zunehmend verrohenden Gesellschaft aussetzen zu müssen? Misshandelt und verängstigt, aber dennoch seinen Pflichten nachkommend, um jenen, die guten Willens waren, die Freude der Weihnacht zu bringen?
Der Andere nickte, „Nummer 17, das ist richtig“.
Wie von selbst hob sich die Hand Aebersolds, die nach wie vor den schweren Sack gepackt hatte, hielt sie dem Weihnachtsmann entgegen. Willenlos öffneten sich die Finger, die ihn gegriffen hatten, als der heilige Mann ihn an sich nahm. Wie betäubt blieb der Polizeibeamte stehen, als die ehrwürdige Gestalt sich entfernte.
Es dauerte noch einige Zeit, bis er sich aufraffen konnte, den Weg zurück zu seinem Dienstfahrzeug anzutreten. Tief in sich gekehrt, von guten und warmen Gedanken ausgefüllt sich Aebersold sich hinter das Lenkrad sinken. Weltentrückt startet er den Wagen und rollte langsam auf die Straße. Die rotgewandete Figur mit dem langen weißen Bart, die weit hinten in seinem Rückspiegel auftauchte, mit den Armen fuchtelte und lauthals von Diebstahl rief, drang nicht in sein Bewusstsein. Das war längst in der Scheidwaldstrasse 17, wo seine kleinen Kindern nun bald ihre Geschenke empfangen würden. Vom Weihnachtsmann!

Journaleintrag vom 03.11.2017

Ich will Ihnen mal was sagen. Vielleicht haben Sie es bereits selber gemerkt, als Sie – mit wachsendem Unglauben und Traurigkeit im Blick – Monat für Monat umsonst auf mein Journal klickten, um festzustellen, dass meine Einträge aus- und immer ausser blieben. In dem Fall müsste ich es Ihnen gar nicht sagen. Aber ich tue es für die zwei bis drei unter Ihnen, die seit dem Februar aus Zeitgründen einfach nicht dazu kamen, nachzuschauen. Auch, wenn sie es immer wieder vorhatten.

Es gab keine Einträge, seit dem Februar. Ich gebe es zu, ohne mich winden zu müssen. Ich hatte eben andere Prioritäten. Habe an anderen Dingen gearbeitet. An solchen, mit denen ich aus meinen treuen Leserinnen inskünftig treue Hörerinnen zu machen plane. Yep, Sie lesen richtig: ich arbeite an einem Hörbuch. Eine  meiner Geschichten ist bereits in der Mangel. Und sobald ich ein hörerlebbares erstes Kapitel für Sie bereit habe, werden Sie davon erfahren. Genau hier, in meinem Journal. Versprochen! Es lohnt sich also auch weiterhin, immer mal wieder hier vorbeizuschauen. Und wenn sich noch nichts getan hat, wissen Sie ja, woran ich arbeite und können sich schon auf den nächsten Klick in mein Journal freuen.

Journaleintrag vom 04.02.2017

Hand aufs Herz, wann sind Sie das letzte Mal an Ihren Bücherschrank getreten, um sich ein nervenkitzelndes, spannendes, mit unerwarteten Wendungen aufwartendes Buch hervorzuholen? Sehen Sie? Bei mir ist das auch schon Ewigkeiten her. Wozu auch? Um solche Dinge zu lesen, muss man ja seit Neuestem nur noch die Zeitung aufschlagen. Und was dort zum Besten gegeben wird, schlägt ohnehin jede Fiktion. Nennen Sie mir einen Autor, der in der Lage gewesen wäre, alternative Fakten zu erfinden. Der sich getraut hätte, den mächtigsten Mann der Welt mit solch infantilen Zügen auszustatten, ohne sich bei den Kritikern lächerlich zu machen. Der eine aufgeklärte, modern und pluralistische Gesellschaft zu einem solch kümmerlich tumben Haufen degeneriert hätte, ohne seine Geschichte ins völlig Unglaubwürdige abdriften zu lassen.
Ich sag‘ Ihnen, auf absehbare Zeit brauche ich kein Buch mehr. Ich lese Zeitung.

Journaleintrag vom 20.12.2016

Haben Sie es gemerkt? Nicht wahr, kaum. Aber doch, es ist wieder passiert. Wie immer unerwartet plötzlich. Aber seien Sie unbesorgt, es  geht ja auch wieder vorbei. Und wie bisher auch, erhalten Sie fast ein Jahr lang die Gelegenheit, sich davon zu erholen, bevor es dann wieder, plötzlich und überraschend ….
Ebenso unversehens hier nun also meine besten Wünsche für Fest- und Feiertage. Und mein kleiner, abgeschlossener Weihnachtskürzestkrimi.

Das plötzlich aufstrahlende Licht veranlasste den alten Mann zu einem Hechtsprung hinter das nächstliegende Gebüsch, das allerdings jahreszeitenbedingt keine allzu gute Deckung bot, sondern stattdessen mit einer nur halbgefrorenen Schlammpfütze aufwartete. Leise ächzend wartete er, bis die unangenehmen Lichtblitze in seinen Augen abgeebbt waren und wälzte sich mühsam auf die Knie, um sich dann langsam aufzurichten. Noch immer alarmiert und leise vor sich hin grummelnd schlich er gebückt auf die im Dunkel liegende Hauswand zu. Dort verharrte er, bis die Atmung sich beruhigt hatte und musterte das Rosenspalier an der nächsten Ecke mit wenig Begeisterung. Er erinnerte die letzten Male, an denen er dort hinaufgeklettert war und dem dornigen Miststück jeden verflixten Meter hatte entreissen müssen. Schon hatte er sich ins Unvermeidlich gefügt, wollte er gerade hinüberhuschen, da wurde das Stück Mauer unvermittelt in grelles Licht gebadet. Hechelnd zuckte er aus dem beleuchteten Bereich zurück, kniff die Augen zusammen, da herrschte schon wieder Dunkelheit. Irritiert versuchte der Betagte die Quelle der Blendung zu entdecken. Standen sie schon irgendwo da draussen mit ihren Mannschaftswagen und warteten nur auf den einen Fehler von ihm? Erneut riss die Finsternis auf, kehrte ebenso abrupt wieder zurück. Nach einigen Iterationen nutze er den Phasenwechsel für einen Sprint zur anderen Seite. Hier verharrte er nicht, sondern begann sogleich damit, die wackelige Sprossenwand zu erklimmen, immer darauf bedacht, sich von den brutalen Klauen der Rose fernzuhalten. Der Stich einer Dorne an der Wade liess seinen Blick nach unten rucken und in der Bewegung erstarren. Mit wachsender Panik verfolgte er den kleinen roten Punkt eines Laser, der langsam aber bestimmt an seinem Bein aufwärts wanderte. Was nun? Fallen lassen? Dazu war er schon zu hoch. Andererseits für einen Endspurt noch zu weit von der Dachkante entfernt. Da, ein weiterer roter Punkt. Viele weitere Punkte, jetzt gesellten sich auch grüne dazu. Sie bewegten sich wie nach einer Melodie, begannen zu tanzen und Figuren zu formen. Kleine Glöckchen, Sterne, Tannen …
„Ich kann so einfach nicht arbeiten! Du weisst wie das ist, Kumpel. In meinem Job musst du unsichtbar sein, bis du dein Ziel erreicht hast. Dann Zack, zuschlagen und ebenso schnell musst du wieder verschwunden sein. Wie soll ich das machen, bei diesen ganzen schwachsinnigen Lichtspielen, die diese Idioten rund um ihre Häuser auffahren? Denk nur, als ich vorhin dann endlich auf dem Dach angekommen war, prallte ich direkt gegen ein beleuchtetes Rentier!“
Verständnisvoll liess der Andere eine heisse Atemwolke durch die Nüstern entweichen, stampfte mehrmals mit der Hufe auf den Boden.
„Ja, schon klar. Wir müssen weiter. Haben noch jede Menge Geschenke auszuliefern. Aber weisst du, so hab ich da echt keinen Bock mehr drauf!“ Maulend bestieg der Weihnachtsmann den Schlitten und glitt schon bald durch die Wolken davon.

Journaleintrag vom 10.11.2016

Sie erleben mich in diesen Tagen plappernd sprachlos, liebe Leserinnen und Leser. Fassungslos darüber, dass es der grössten Demokratie der Welt gelungen ist, einen menschenverachtenden Demagogen an ihre Spitze zu wählen. Natürlich frage ich mich nun, was das für uns  bedeutet. Für uns Krimiautoren, meine ich selbstverständlich. Mit was für unglaubwürdigen Charakteren und an den Haaren herbeigezogenen Geschichten werden wir in Zukunft aufwarten müssen, wollen wir Derartiges toppen? Ach wissen Sie, wir hatten es auch schon leichter, wir Armen …

Journaleintrag vom 03.10.2016

Liebe Lesende, der Jahresausklang kündigt sich schon jetzt wieder an, vornehmlich durch die Auslagen im stationären Handel, die mit ihrer Penetranz stets daran erinnern, dass auch der Jahreswechsel unausweichlich ist. Wie immer habe ich keine grosse Lust auf beides, weder mag ich Lebkuchen schnabulieren, noch schon wieder in ein neues Jahr starten. Und wie immer interessiert das niemanden.

Journaleintrag vom 26.08.2016

Für meinen Geschmack ist es heute viel zu heiss. Mehr sage ich dazu nicht!

Journaleintrag vom 12.07.2016

Heute ist es sehr heiss …

Journaleintrag vom 30.05.2016

Sonne, heller Sand, chillen am Pool, ist Ihnen das ein Begriff, liebe Leserinnen und Leser? Nein? Na, dann sollten Sie rasch mal wieder in die Ferien gehen, wie mir scheint. Ich habe das gerade erst auf Sizilien versucht und darf Ihnen bestätigen: es ist ganz wunderbar. Nach einem faulen Frühstück (wissen Sie was das ist, ein faules Frühstück? Eines, das Sie nicht erst selber zubereiten müssen!) fläzen sie sich an den Infinity Pool, lassen den Blick in die Ferne schweifen, bis ihnen die Augen zufallen. Und hangeln sich ansonsten über verschiedene Snacks und Getränke bis zum wohlverdienten, mehrgängigen Nachtessen. Klingelt’s da bei Ihnen? Ich muss Ihnen sagen, ich habe dies nicht durchgehalten, schliesslich bin ich ja nicht ohne Hintergedanken an die Wiege der Cosa Nostra gereist. Sie dürfen also versichert sein, dass dies ein reiner Bildungsurlaub war und ich mich von früh bis spät meiner kriminellen Weiterbildung gewidmet habe. Neben verschiedenen Workshops wie Zementgiessen, Spendensammeln oder Argumentieren, gab es auch  theoretische Unterweisungen zur Kapitalbildung oder zum Recruiting. Alles in Allem eine sehr nutzbringende Zeit, die ich wenigstens den FachkollegInnen nur wärmstens empfehlen kann.

Journaleintrag vom 26.04.2016

heute möchte ich die Würze in der Kürze suchen (was sonst ja eher nicht meine Art ist) und Sie nicht lange von dem abhalten, was Sie eigentlich jetzt gerade tun sollten, statt sich in den Weiten des virtuellen Universums zu verlieren. Seien Sie froh, denn das gibt Ihnen Gelegenheit, den lange fälligen Haufen von Bügelwäsche abzutragen. Oder endlich damit zu beginnen, das bereits kräftig wuchernde Unkraut zu jäten. Oder vielleicht sogar mal wieder ein gutes Buch in die Hand zu nehmen.
Also, dann mal los, hier gibt es nichts zu sehen!

Journaleintrag vom 21.03.2016

sind Sie auch auf der einen oder anderen sozialen Plattform aktiv, mehr oder weniger? Verfolgen regelmässig oder auch nicht die dortigen Aktivitäten, den Austausch beliebiger Banalitäten, die schreierische Selbstdarstellung selbsterklärter SM-Promis (nein, nicht was Sie jetzt meinen mögen, ich rede hier von Social Media Promis. Kann jeder werden, wenn man nur laut genug ist). Und vor allem das hemmungslose Haten jener, die sich in der Regel feige hinter Mickey Mouse Bildchen und Pseudonymen verstecken. Das sind die wahren neuen Schlägertypen (obwohl es die alten natürlich auch noch gibt), die verbal um sich schlagen und dabei einen Ton an den Tag legen, der jeder Sozialverträglichkeit spottet und deren sie sich im echten Leben gewiss niemals befleissigen würden. Für Soziologen und für uns Krimischreiberlinge ist das ein hochspannendes Beobachtungsobjekt. Für letztere Gruppierung allerdings eher auch aus ganz praktischen Erwägungen heraus, denn wir dürfen diese Schurken, Rowdies und Gauner in unseren Geschichten ja nicht ausser acht lassen, wollen wir zeitgenössische Geschichten verfassen.
So, nun müssen Sie mich für den Rest des Monats wohl bitte entschuldigen, ich tauche jetzt wieder ein, in diese Welt der drastischen Beschimpfungen und wüsten Pöbeleien, muss mich ein bisschen weiterbilden.

Journaleintrag vom 24.02.2016

hatten Sie es auch so hmmmmm, wohlig warm, gestern? Nicht im Bett oder vor dem Ofen, von der Sonnenwärme spreche ich. Draußen. Genau da, wo jetzt wieder grusiger Fadenregen niedergeht. Aber eben, wir waren ja gerade beim gestrigen Tag, als wir, also als ich, genauer gesagt, an der frischen Luft in besagter Sonnenwärme schwelgte, ohne störende Wollpullover oder wattierte Winterjacken um mich herum. Herrlich, kann ich Ihnen sagen, ganz wunderbar. Da stellt sich so ein richtig wohliges Gefühl ein, so ein friedliches Gefühl, so ein ganz ausgeglichen, wohlwollend, die ganze Welt umarmen mögendes Empfinden.

Nun muss ich Ihnen sicher nicht erklären, dass eine solche Duselei für mich und meine Berufsgruppe schieres Gift bedeutet. Sowas können wir uns eigentlich nicht leisten, wollen wir nicht in die Kategorie der Liebesschnulzenschreiberlinge … wie sage ich das jetzt, ohne jene Berufsgruppe nun wieder zu beleidigen? Sie verstehen gewiss, was ich meine. Und werden mir darüberhinaus darin folgen können, dass ich nun grimmigen Mutes in das dichte Regentreiben hinausblickend, fabelhaft-mörderische Gedanken entwickle. Eine großartige Jahreszeit also, meinen Sie nicht auch?

Journaleintrag vom 23.01.2016

Liebe Alle

ach, kennen Sie das? Wenn es nicht heraus will, obgleich es drinnen sich schon staut und dräut, drängt und schiebt? Nein, nicht was Sie jetzt denken (falls Sie mit solch fäkalisch geprägter Fantasie begabt sein sollten). Ich rede von Ideen, von Figuren und Geschichten. Innen drin, da sind sie, stehen sozusagen Schlange, wollen raus, aufs Papier (aufs virtuelle, wenigstens). Aber irgendwie bleiben sie dann doch stecken, schaffen es nicht an die Oberfläche, werden flüchtig, sobald ich sie zu ergreifen versuche, entgleiten mir, sowie ich ihrer habhaft geworden zu sein dachte. Ich sage Ihnen, ich werde noch wahnsinnig, so kann ich einfach nicht arbeiten.

Wissen Sie was? Sollen die doch steckenbleiben, sich stapeln, anhäufen und auftürmen. Ich interessiere mich nicht dafür. Und irgendwann dann, kommen sie ohnehin hervorgesprudelt, ich kenne sie doch, die kleinen Gesellen. Und dann werde ich entscheiden, wer es aufs Papier schafft, und wer leider im Orkus des Vergessens verschwinden muss. Ja, das werde ich!

Journaleintrag vom 22.12.2015

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Lesende,

ich will Sie für dieses Jahr gar nicht mit langen Vorreden vom Genuss des abgeschlossenen Weihnachtskurzkrimis abhalten. Für dieses Jahr war ich durch die Bank so zurückhaltend, dass ich den guten Eindruck, den ich damit hinterlassen haben muss, nicht gleich wieder zerstören möchte. Dennoch lasse ich es mir nicht nehmen, Ihnen ein erfreulich friedliches und kulinarisch anregendes Weihnachtsfest zu wünschen – möglichst ohne Krimi in den eigenen vier Wänden – und einen Übergang in ein gutes neues Jahr, das nicht gleich mit einem fürchterlichen Kater beginnt.

Und hier nun mein kleines Weihnachtsgeschenk für Sie.

Wie durch eine Nebelwand nahm er die Szenerie um sich herum war, wie von selbst spulte er die immer gleiche Formel ab. Schon völlig automatisiert und frei von jeder Empathie oder gar Spontaneität. Innerlich schüttelte es ihn, wann war er so geworden, hatte seinen Berufsethos eingebüßt, den Draht zu seinen Kunden verloren? Die hörten ihm ja ohnehin schon lange nicht mehr zu. Die Gesichter waren in den letzten Jahren immer mürrischer und verschlossener geworden, schon in jungen Jahren zeichnete sich zunehmend peinliche Berührtheit angesichts seiner Dienstleistungen ab. Und in jüngster Zeit mehrten sich die Fälle, in denen seine Gegenüber die Kopfhörer in den Ohren beließen und der gesenkte Blick mitnichten Scham über das kognoszierte Missverhalten spiegelte, sondern vielmehr den eminent wichtigen Aktivitäten auf Facebook, Snapchat oder Whatsapp geschuldet war.

Nein, so konnte und wollte er nicht weitermachen, dann lieber eine Umschulung oder den vorgezogenen Ruhestand. Vielleicht sollte er auch mal einen Arzt konsultieren, der konnte ihm möglicherweise ein Burnout bescheinigen. Das musste in seinem Berufsstand doch häufiger vorkommen.

Die trübseligen Gedanken über ein schreckliches Leben und die noch unerträglicheren Aussichten für die Zukunft ließen das Bild vor seinen Augen vollends verschwimmen, selbst die eigene Stimme wie durch Watte zu ihm hindurch dringen. Er verstummte, ein Summen in den Ohren, das langsam zu einem Brüllen anschwoll und dann unvermittelt abbrach. Blieben nur noch das deutlich vernehmbare Schnaufen, und schließlich ein stimmbrüchiges Krächzen aus der unmittelbaren Nähe.

„War’s das jetzt endlich, mit der krassen Scheiße?“

Das nächste, was er bewusst wahrnahm, war die angenehm raue Oberfläche der kräftigen Reisigzweige, die seine rechte Faust umspannte, die wohlige Mattigkeit in seinem rechten Arm, die das seit langem verblasste Gefühl körperlicher Anstrengung manifestierte, den süßen Ton gepeinigten Bettelns in seinen Ohren und das Bild eines gesammelten Adoleszenten mit erhobenem Arm und ängstlichem Blick. Ach, welche Wohltat. Was immer zwischen dem Vorhin und dem Jetzt geschehen war, er wollte es in sich bewahren, davon zehren, sich daran erlaben.

Doch allzu schnell war der Augenblick großer Freude und Genugtuung vorüber, fuhr ihm ein stechender Schmerz durch den erneut Schwung nehmenden Arm, verstörte ein meckernder Tonfall in sonorem Bass das engelsgleiche Jammern in seinem Gehör. Schon fühlte er sich herumgewirbelt, sah aus dem Augenwinkel eine schick gekleidete Dame das wehklagende Bürschchen an sich reißen und fand sich schließlich einer zornverzerrten Fratze gegenüber, den Krawattenknoten in heilloser Auflösung, von der Miene gar nicht erst zu reden. Nun drangen auch die ersten, der kilometerlangen Satzfetzen in sein Bewusstsein, füllten sich mit Bedeutung, wie Unverschämtheit, Körperverletzung, Kinderschänder. Jetzt spürte er auch den Finger seines Gegenüber, der sich im Takt der Beschimpfungen schmerzhaft zwischen seine Rippen bohrte. Und dann, mit erbarmungsloser Deutlichkeit, brach alles ungefiltert über ihn hinein, riss ihn heraus aus der behütenden, nebligen Unschärfe des seligen Genusses dessen, was seine geplagte Seele soeben unter Zuhilfenahme seines schwachen Leibes als Exempel an der rohen, mitleidlosen Kinderschar statuiert hatte.

„Das wird Folgen haben! … Ich bringe Sie vor Gericht! … Hetze meine Anwälte auf Sie! … Sie sind erledigt!“

Die letzten Worte hatte ihn durch den Flur, die Diele und bis vor die Haustür gezerrt, die nun mit einem satten Ton hinter ihm ins Schloss fiel. Er hob den Blick zu den funkelnden Sternen, atmete tief durch. Langsam verließ er den Vorgarten, tapste unsicher auf den Bürgersteig. Fast, als betrete er Neuland. Dann nahmen seine Schritte rasch an Energie und Schwung zu. Er riss sich die Mütze vom Kopf und ließ sie achtlos fallen. Warf den Sack auf seinem Buckel weit von sich und schleuderte die Rute in das nächste Gebüsch.

Ein befreites Lachen erfüllte ihn, mit dem Job war er fertig. Er war überhaupt mit jedem Job fertig. Scheiß auf den ganzen Mist, er würde dabei einfach nicht mehr mitmachen. Hiermit kündigte er, der Weihnachtsmann.

Journaleintrag vom 19.11.2015

Ja, ich weiss, es ist Ihnen nicht entgangen, geneigte Leserinnen und Leser, ich war weg. Aber so richtig. Und auch so richtig lang. Obwohl das mit der Länge natürlich ein relativer Begriff ist, Ihnen mag es unerträglich lang erschienen sein, während es für mich zackzack schnell vorüberging. Womit denken Sie, habe ich nun dieses Jahr verbracht? Nun, so genau kann ich Ihnen das nicht sagen, aber einen Namen gibt es dafür: Sabbatical. Ein englischer Begriff für ein Sabbatjahr, ein Freisemester, eine Chillperiode. Was mich nun angeht, war es vielleicht eher sowas wie ein Schreibbatical, ein Jahr, in dem ich das Schreiben ? und damit auch das Verfassen meiner Journaleinträge ? einmal ganz und gar beiseitegelassen, mich davon erholt, mich mit anderen Dingen beschäftigt habe. Allerdings habe ich die Zeit nicht ? wie man das so kennt ? eine Weltreise unternommen, meinen MBA gemacht oder einen Yogakurs auf den Malediven absolviert. Nein, ich habe alles das getan, was mich auch schon die vergangenen Jahre in Atem und von jeglicher Langeweile fern gehalten hat: meinem Broterwerb nachgegangen, mich um Haus, Hof und Kinder gekümmert und meine Frau wo immer möglich bei ihrem Geschäft unterstützt. Nur eben geschrieben habe ich nichts.

Jetzt ist das Jahr vorüber und ich stelle fest, dass es mit gefehlt hat, das Schreiben. Die innere Tinte ist also aufgefüllt, die Hände zittern vor Schreibwut, die Gedanken durchquillen mich wie eine pheromongeschwängerte Rote Wanderameise auf LSD.

Machen Sie sich also auf einiges gefasst. Monatlich. Hier.

M e i n    k l e i n e s    S c h r e i b b a t i c a l

Journaleintrag vom 21.12.2014

Liebe Leserinnen und Leser,

was halten Sie davon, wenn ich für einmal nicht erst ewig herumlamentiere, dass es – o Schreck – weihnachtet und überhaupt, das Jahr sich offensichtlich schon wieder seinem Ende zuneigt, dabei sei doch eben erst Ostern, oder wenigstens Pfingsten gewesen. Nein, diesmal machen wir es kurz und schmerzlos, die anstehenden Festtage werden uns schließlich noch genug abverlangen.
Dennoch sei mir die Bemerkung erlaubt, dass meine wie immer sehr weihnachtlichen Wünsche deswegen kein bisschen weniger aufrichtig und … naja, eben weihnachtsmäßig sein sollen. Und auch meine Anliegen für ein gesundes und erfreuliches neues Jahr, das hoffentlich nicht wieder so schnell vorüber sei, wie das nun zu Ende gehende, wo doch der Spätsommer oder meinetwegen auch der Frühherbst doch letztens erst … Mist, jetzt habe ich den Faden verloren. Da geht es mir ein bisschen so, wie unserem Held in meinem diesjährigen abgeschlossenen Weihnachtskürzestkrimi, den ich Ihnen – wie jedes Jahr – auf den virtuellen Gabentisch lege.

Er öffnete vorsichtig die Augen. Erst das eine, dann das andere. Beim Versuch, sich zu orientieren, bewegte er den Kopf ein wenig und sogleich schoss ihm ein explosionsartiger Schmerz zwischen die Schläfen, der ihn in der Bewegung erstarren ließ. Schnell schloss er die Augen wieder. Jetzt war deutlich das Pochen hinter der Stirn zu spüren, dessen unerbittlicher Rhythmus das Tempo seines Denkens bestimmte. Was war denn gestern Abend wieder los gewesen? Der Versuch, sich zu erinnern, endete in dichtem Nebel. Aber da war noch etwas anderes. Etwas, das ihn nervös machte. Etwas, das er dringend erledigen musste!
Erneut startete er einen Anlauf, die Augen aufzumachen. Diesmal vorsichtiger. Tapfer ertrug er die gleißende Helligkeit, ließ den Blick durch sein noch beschränktes Gesichtsfeld schweifen. Jetzt war es das Aufblitzen einer leeren Flasche auf dem Nachttisch und die bei dem Anblick aufkeimende Übelkeit, die den zweiten Versuch abrupt beendete. Während der Brechreiz langsam abebbte, versuchte er den flüchtigen Gedanken an seine unaufschiebbare Pendenz einzufangen, doch außer seiner völlig ausgetrockneten Zunge, die wie ein überdimensionierter Fremdkörper in seinem Mund lag, wollte sich nichts materialisieren.
Sachte hob er den Kopf, die Augen geschlossen. Es dauerte einige Minuten, bis er halbwegs aufrecht im Bett sass und der Trommelwirbel in seinem Schädel nachliess. Wobei eine ihm unbegreifliche Panik aufglomm, eine Panik, zu spät zu kommen, nicht zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein, irgendwas verflucht Dringendes zu verpassen! Verdammt, was denn nur? Die innere Aufruhr liess den Kopfschmerz erneut aufflammen und er zwang sich zur Ruhe. Der dritte Versuch, sich umzuschauen, wurde von Erfolg gekrönt. Das Bild blieb stabil, die Übelkeit nahm nicht signifikant zu und das Pochen hinter den Schläfen hielt das vorherige Niveau. Der Raum, eine Kombination aus Wohn-, Koch- und Schlafbereich befand sich im üblichen Zustand eines vollkommenen Chaos, das jedem Messie alle Ehre bereitet hätte. Auf der dreckverkrusteten Spüle türmte sich schmutziges Geschirr, dreckige Klamotten waren über alle Möbelstücke verteilt und überall lagen und standen leere Flaschen und Getränkedosen herum. Da war also auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches wahrnehmbar, das ihm auf der Suche nach dem Ursprung seiner inneren Unruhe weitergeholfen hätte. Oder doch? Halt …!
Ächzend ließ er sich bereits auf die Matratze zurückfallen, eine alte Angewohnheit, die er schon unterwegs zu bereuen begann. Jetzt lag er ganz still, wartete ungeduldig darauf, dass der mit neuer Intensität pulsierende Schmerz abnahm und er sich wieder auf den Platz zwischen dem überquellenden Abfallkübel und dem durchgesessenen Fauteuil konzentrieren konnte. Auf die Stelle, wo irgendetwas anderes gewesen zu sein schien, als üblich. Wo ihn etwas angeschrien hatte. ‚Komm her‘, hatte es gedröhnt, ‚mach voran!‘ Scheiße, das war ihm so bekannt vorgekommen, doch woran hatte es ihn erinnert? Je fester er versuchte, den Gedanken zu packen, umso mehr entglitt er ihm und schließlich wusste er gar nicht mehr, weshalb er sich gerade so aufregte. Reglos und beinahe entspannt lag er eine Weile inmitten der fleckigen Laken, dann riss es ihn unvermittelt in die Höhe. Mit allen Konsequenzen. Halb blind stolperte er in die Ecke, in der er seinen Sessel vermutete, derweil der Schädel ihm zu zerplatzen drohte. Als er am Ziel zu sein glaubte, streckte er zur Vorsicht beide Hände vor sich und landete damit in den bereits sich zersetzenden Resten einer alten Pizza Quattro Fromaggi. Würgend und hustend warf er sich zur Seite und tastete sich hektisch auf allen Vieren in die richtige Richtung. Mit geschlossenen Augen identifizierte er die Gegenstände auf seinem Weg dorthin: ein nasser Schuh, eine übelriechende Socke, eine fast leere Flasche, einige zerfledderte Zeitschriften und sein Kater, der maunzend davonschoss. Da! Da war es. Rauer Stoff, grobmaschig, vor Anstrengung kniff er die Lider noch fester zu, ertastete die Umrisse, während in seinem Hinterkopf ein Bild Gestalt annahm. Eines, das ihn durchaus nicht beruhigte. Der Sack, fuhr es ihm in den Sinn, dieser beschissene Sack lag hier ganz und gar schlaff und leer herum. Jetzt riss er die Augen auf, diesmal endgültig, das war mal klar, packte den Lappen Jutestoff und wuchtete sich in eine stehende Position. Er stürzte zur Tür hinaus, wobei er sich alle Mühe gab, dass Zerbersten seines Kopfes zu ignorieren, schleppte sich keuchend durch den tiefen Schnee und schwang mit letzter Kraft die Tür zum Schuppen auf. Nun war es wirklich höchste Zeit, der Sack musste gefüllt, das Fahrzeug herausgezogen, die Rentiere angespannt werden. Schon lange warteten die Kinder auf ihn – den Weihnachtsmann.

Journaleintrag vom 13.11.2014

Herbst. Haben Sie es schon bemerkt, liebe Leserinnen und Leser, es wird Herbst. Auf hohem Niveau zwar noch – rein temperaturmässig, versteht sich – aber doch. Es herbstet. Laub beginnt sich zu verfärben, der Asphalt glänzt häufiger nass und die Leute neigen langsam zu erkältungsgetriebener Jahresendtristesse. In diesen Tagen könnten eigentlich auch wir Krimischreibende uns langsam auf die Winterruhe vorbereiten. Wohlverdient, eigentlich, haben wir doch seit dem Frühlingserwachen ohne Rast und Ruhen daran gearbeitet Ihnen, liebe Leserinnen und Leser möglichst viele und natürlich möglichst raffinierte Taten, Täter und Ermittler zu präsentieren. Da sind wir nun verständlicherweise rechtschaffen müde und erschöpft. Andererseits jedoch bietet die nun beginnende Jahreszeit so viel an Ideen und Stoffen für morbide-kriminelles Vergnügen, da können wir einfach nicht tatenlos beiseite stehen und uns so kraftlosem Tun wie „Jahresendchillen“ oder Winterschlaf widmen. Nein, liebe Leserinnen und Leser, da reiben wir uns für Sie die kalten Hände und greifen zu Tastatur oder Schreibstift und sind schon mit der nächsten Geschichte beschäftigt, mit herbstlich-grauen Taten, Tätern und Ermittlern. Wie üblich. Sie lesen von mir.

Journaleintrag vom 06.10.2014

Was macht ein Krimiautor den ganzen Tag? Keine Frage, Sie wissen es, liebe Leserinnen und Leser. Er schreibt. Hingebungsvoll und von früh bis spät. Was aber, frage ich Sie, macht er wohl am Wochenende? Nur zu, überlegen Sie, lassen Sie sich Zeit. Na? Richtig, er schreibt. Vielleicht ein kleines Mittagsschläfchen zwischendurch. Aber ansonsten schreibt er diszipliniert und ausdauernd. Jetzt, liebe Leserinnen und Leser, wird es ein wenig schwieriger, sind Sie bereit? Also: was – meinen Sie – macht ein Krimigeschichtenverfasser in den Ferien? Ha, jetzt sind Sie dran! Vergessen Sie es, Sie kommen eh nicht drauf: er schreibt. Jaja, das tut er, der Autor. Er kann nicht anders (böse Zungen behaupten, er könne nichts anderes).

Na gut. Was will ich Ihnen damit sagen, liebe Leserinnen und Leser? Genau: wir Krimischaffende schaffen fast schon kriminell viel und andauernd für Ihre Unterhaltung. Deshalb entschuldige ich mich auch jetzt mit Ihrer freundlichen Erlaubnis: ich muss noch ein bisschen was schreiben.

Journaleintrag vom 03.09.2014

Liebe Leserinnen und Leser

Wussten Sie es schon? Ich bin auf den sogenannten ÖV umgestiegen, die öffentlichen Verkehrsmittel. Nicht etwa, weil ich meinen Führerschein hätte abgeben müssen, nein nein. Der ruht nach wie vor in meiner Brieftasche. Nein, ein beruflicher Wechsel hat mir einen längeren Arbeitsweg beschert, und um zudem Staus und der lästigen Parkplatzsuche zu entgehen, habe ich meinen Wagen verkauft und vertraue mich morgens und abends nun Tram, Postbus und Zügen an. Ach, ich kann Ihnen sagen, welch gewonnene Freiheit. Kein Fluchen mehr hinter dem Steuerrad, weil der Vordermann nicht aus den Socken kommt. Kein Kriechen mehr durch zähflüssigen Verkehr, keine Rechtsüberholer, Grundloshuper, keine Parkplatzsucher mehr. Statt dessen einfach hinsetzen, entspannen, jemand anderen fahren lassen.

Na gut, geben wir der Wahrheit die mitunter etwas zweifelhafte Ehre. Einfach ist das mit dem Hinsetzen nicht immer. Zu gewissen Tageszeiten sind die Transportmittel überbucht und wer sich am Bahnsteig nicht die Pole Position sichert, hat schnell das Nachsehen. Und Entspannung kommt auf der Etappe per Postbus, durch kurvige Bergstrassen auch nicht zwingend auf. Vor allem, wenn der Chauffeur danach zu trachten scheint, irgendwelche Rekorde zu brechen. Und dann der Geruch in einem überfüllten Bus, wenn sich Leiber in unterschiedlichem Frischezustand nach üblem Dauerregen an Sitze und Stangen klammern. Oder wenn der Nachbar sich nach geglückter Eroberung eines Sitzplatzes, als virenspuckender Dauerniesser entpuppt. Oder wenn hinter, vor oder neben mir aus Kopfhörern zischende, stampfende oder irgendwie quietschende Laute dringen. Dann ist es schnell vorbei, mit dem Genuss in den Öffentlichen. Dann entwickeln sich bald schon Gelüste, denen ich in der Regel nicht nachgebe, schon gar nicht in öffentlichen Verkehrsmitteln. Mordgelüste, beispielsweise. Einfach herrlich, sage ich Ihnen. Und auf diese Weise profitiere ich auf das Allerbeste von meinen täglichen Fahrten in Bus und Bahn, erdenke mir die schlimmsten Wege, wie man sich missliebiger Mitreisender entledigen kann. Ja, das tue ich. Und Sie, liebe Leserinnen und Leser, dürfen schon sehr gespannt auf meine nächste Geschichte sein. Soviel sei schon jetzt verraten, sie wird in öffentlichen Verkehrsmitteln spielen. Und der Mörder könnte der Schaffner sein.

Journaleintrag vom 01.08.2014

Liebe Leserinnen und Leser

der 1. August in der Schweiz. Sagt Ihnen das etwas, sofern Sie nicht selber zu den Eidgenossen zählen? Ja, richtig, da geht was. Zuerst natürlich der Schweizerpsalm. „Kommst im Morgenrot daher …“ und so weiter. Mehr weiss ich gerade nicht, aber wer kennt sich schon mit diesen Hymnentexten aus. Und dann ist das ja sowieso noch längst nicht alles. Da gibt es noch die gebrätelte Servelat, des Schweizers allerliebste Grillage, dazu ein feines Tröpfchen aus dem Wallis, oder dem Aargau, aus dem Tessin oder dem Waadtland. Egal, Hauptsache fein. Und zuletzt das Feuerwerk, da lässt sich niemand lumpen.
Sie sehen, liebe Leserinnen und Leser, heute kann ich nicht so viel schreiben, ich bin beschäftigt. Sie entschuldigen mich …

Journaleintrag vom 12.07.2014

Liebe Leserinnen und Leser

kennen Sie das Gefühl, das sich einstellt, wenn Sie etwas erledigt haben, das Ihnen schon seit gefühlten Ewigkeiten im Nacken hockt, Ihnen ein andauerndes „ich-müsste-jetzt-aber“-Gefühl bereitet und Sie mitunter bis in den Traum verfolgt? Ja, gell, wie wunderbar, wenn Sie es dann endlich abgeschlossen haben, einfach mal locker lassen können, sich Neuem zuwenden.
Sie erahnen es schon? Ich habe meinen neuen Krimi abgetippt und auch schon die eine oder andere Lektoratsrunde überstanden, Schwachstellen bereinigt und grobe Fehler ausgebügelt. Und jetzt habe ich so viel Energie, dass ich gar nicht weiß, wo ich zuerst anfangen soll. Da sprudeln Ideen für neue Geschichten hervor, da wäre ein Keller auszumisten, dringende Gartenarbeiten zu erledigen, die Steuerklärung …
Aber halt. Bevor ich mich gleich wieder in einen neuen Strudel von dringend Fertigzustellendem begebe, lasse ich erstmal ein bisschen locker, chille ich meine Basis. Am besten jetzt gleich. Sie haben doch sicher Verständnis …?

Journaleintrag vom 10.06.2014

Liebe Leserinnen und Leser

für einmal will ich ein Bild sprechen lassen, um Ihnen zu erklären, warum hier schon seit zwei Monaten Funkstille herrscht:

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Was mich angeht, hat sich diese Zeitinvestition gelohnt, denn diese Geschichte mit dem Arbeitstitel Organspende ist damit fertig. Jetzt muss ich sie nur eben noch abtippen. Sie entschuldigen mich also …?

Journaleintrag vom 11.04.2014

Liebe Leserinnen und Leser

wissen Sie was? Ich mache Schluss! Schluss mit dem Erfinden neuer Geschichten. Schluss mit dem oftmals quälenden Erfinden neuer Verbrechen, Niederträchtigkeiten oder Schicksale. Warum, fragen sie sich? Ja, müssen Sie das wirklich erst noch fragen?? Schauen Sie sich doch um, lesen Sie Zeitung, sehen sie die Nachrichten, hören sie ihren Kindern beim täglichen Bericht aus der Schule zu. Da haben Sie Ihre Geschichten, Verbrechen, Schicksale. Schlimmer – oder eben besser – als das jeder Krimischreiberling in wochenlanger Kleinarbeit selber hinbekommen könnte.
Wie? Ob ich nun auch mit dem Schreiben vom Krimis aufhöre? Aber nein! Wie kommen Sie denn nur darauf? Ich gehe die Sache ganz einfach anders an. Ich habe mir einfach die einschlägige Tagespresse abonniert. So sitze ich dann des Morgens gemütlich bei einem Kaffee in der Sommersonnenhitze und … richtig: recherchiere. Lasse neue Geschichten, Schurkereien, Schandtaten und Fehltritte auf mich einwirken. Die ich dann ganz einfach und ohne unerträgliche Mühen in einen Krimi umschreibe. Tja, liebe Leserinnen und Leser, so einfach kann das sein. Oh, warten Sie, ich glaube, da kommt mein Zeitungsträger. Ich muss dann wohl mal an die Arbeit, Sie wissen schon …

Journaleintrag vom 05.03.2014

Liebe Leserinnen und Leser

haben Sie heute schon mal aus dem Fenster geschaut? Oder unter Ihrem viel zu dicken Wintermantel schwitzen müssen? Ja, sehen Sie nur, es ist wieder so weit: der Frühling kommt, die ersten zarten Blüten erfreuen uns mit ihrer Farbenpracht und die wärmenden Sonnenstrahlen erlauben den ersten Kaffee im Freien. Ach, da geht einem doch das Herz auf, nicht wahr? Ja, auch uns Krimischreibenden geht dann das Herz auf, da metzelt, bedroht und erpresst es sich doch gleich viel angenehmer. Sie, auch wenn ich mich damit für diesmal nur sehr kurz gefasst haben werde, ich muss nun schliessen. Heute bringe ich einen Serienmörder zur Strecke, gleich draussen auf der Terrasse. In der Frühlingssonne und bei einem feinen Milchkaffee …

Journaleintrag vom 29.01.2014

Liebe Leserinnen und Leser

machen Sie sowas eigentlich: sich fürs neue Jahr etwas vornehmen? Weniger Gummibärchen essen, zum Beispiel. Oder: mehr Sport treiben. Oder dann so ganz ernste Dinge wie: mit dem Rauchen aufhören. Machen Sie das noch? Also ich nicht. Nee, wissen Sie, dass kann einem das junge, das ganz und gar neue Jahr doch gleich am Anfang schon wieder verderben. Wenn man es eben nicht schafft, was man sich vollmundig und am besten noch vor Zeugen vorgenommen hat. Und dann ist es immer noch die gleiche Anzahl an Gummibärchen, die Abend für Abend zwischen den Lippen verschwinden, die zuvor noch Enthaltsamkeit gelobt hatten. Oder die extra angeschafften Hanteln verstauben unter dem Bett. Vom Rauchen will ich jetzt gar nicht erst anfangen, vielleicht steigt die Menge an weggepafften Glimmstängeln sogar noch, um den Frust über das Versagen zu kompensieren.
Wissen Sie was? Das ist das letzte, was ich mir mal vor vielen Jahren vorgenommen habe. Mir eben nichts mehr vorzunehmen. Und das hat offensichtlich bestens und bis heute funktioniert. Eigentlich komisch, finden Sie nicht auch?

Journaleintrag vom 20.12.2013

Liebe Leserinnen und Leser

wieder einmal ist es soweit. Der Tag, auf den der gesamte Einzelhandel und alle unter Vierzehnjährigen seit Wochen ungeduldig hinfiebern, nun ist er wieder da. Schon wieder! Dabei dachte ich, den hätten wir gerade eben erst noch gehabt. Geht das Ihnen auch so? Nein, da braucht es kein Tai Ginseng, das hat einfach etwas mit der immer schneller vergehenden Zeit zu tun. Ostern? Sssssst, schon vorbei. Pfingsten? Pffffffft, bereits Geschichte. SommerHochsommerSpätsommerAltweibersommerFrühherbst? Zack zack, Schnee von gestern. Und jetzt eben das: Weihnachten. Aber keine Sorge, das geht ja dann auch wieder schnellstens vorbei.
Bevor das aber so ganz spurlos vorüberflitzt, freue ich mich, Ihnen hier noch rasch meinen diesjährigen Weihnachtskürzestkrimi auf den Gabentisch zu legen. Auf besonderen Wunsch vieler Leserinnen diesmal ganz ohne Ströme von Blut oder dergleichen. Wie immer, als kleines Dankeschön für Ihre wunderbare Begleitung durch mein Jahr. Ach ja, und bevor ich das noch vergesse: haben Sie ein schönes und friedvolles Weihnachtsfest.

Konrad Baggenstos rann der Schweiss in die Augen. Und das lag nicht ausschliesslich an der körperlichen Arbeit, die er zu leisten hatte. Schuld daran war vielmehr dieser völlig schwarz gekleidete, schweigsame Kerl, den sein Auftraggeber ihm an die Seite gestellt hatte und der jeden seiner Schritte mit Argusaugen und einer ganz speziellen, bedrohlichen Präsenz beobachtete, wie sie Baggenstos in seiner jahrlangen Karriere als Einbrecher noch nie erlebt hatte. Als wäre die zu bewältigende Aufgabe nicht schon schwer genug, sollte er doch den Weg in eine Villa an der Zürcher Goldküste freimachen, deren Sicherungseinrichtungen einem Fort Knox nahekamen. Schon allein die Überlistung der Stormversorgung für die direkte Verbindung zur Polizei war trotz seiner enormen Expertise kein Zuckerschlecken gewesen. Vor allem mit diesem beharrlich schweigsamen Typ im Nacken. Und jetzt kämpfte er mit dem Sicherheitsschloss am hinteren Gartentor. Verdammt, diesen Typ hatte er noch nie selbst überwunden.
Das geräuschvolle Ein- und Ausatmen des Schwarzen klang in Baggenstos‘ Ohren zunehmend höhnisch. Endlich schwang das schmiedeeiserne Teil geräuschlos auf, jetzt blieben ihm noch genau drei Minuten, bis er im Innern des Hauses sein und die dortige Alarmanlage abgeschaltet haben musste. Wie automatisch aktivierte er die Stoppuhr an seinem Handgelenk, während er bereits auf den rückwärtigen Lieferanteneingang zu sprintete. Sollte der Kerl doch schauen, wie er hinterher kam, eingeladen hatte er den schliesslich nicht. Doch als er schweratmend an das nächste Schloss ging, spürte er die Anwesenheit seines Wachhundes sogleich wieder. Und stellte zudem verblüfft fest, das dessen Atem kaum schneller ging als vorhin, jenseits des Zauns. Baggenstos spürte ein klebrigens Rinnsal zwischen seinen Schulterblättern. Und verspürte sehr zu seinem Ärger, dass sein Hände leicht zitterten. Na prima, das konnte er jetzt wirklich nicht brauchen.
Immerhin war das Türschloss in rekordverdächtigen 30 Sekunden Geschichte. Er schloss für einen Augenblick die Augen, jetzt musste er sich dringend sammeln, denn nun stand der schwierigste Teil bevor. Wenn ihm nur dieser nervige Typ nicht so nah im Nacken klebte. Egal, er durfte jetzt keine überflüssigen Gedanken denken, hatte keine Zeit für irgendwelche Klagen. Immerhin war das Honorar nicht übel und ein Erfolgsbonus war ihm auch in Aussicht gestellt. Mit drei grossen Schritten war Baggenstos bei dem kleinen Kästchen der Alarmanlagensteuerung, dessen wild blinkende rote LED-Anzeige besagte, dass er gerade ins Haus eingedrungen war und schnellstens den Alarm ausschalten musste. Er spürte, dass ein Schweisstropfen an seiner Nasenspitze hing, sich sammelte und schliesslich in die Tiefe stürzte. Immernoch leicht zitternd fischte er das kleine Kästchen aus seiner Jackentasche, mit dem er schon so manches Alarmsystem überlistet hatte. Dieses Gerät war mit einem ultraschnellen Prozessor ausgerüstet und in der Lage, viele tausend komplexe Rechenoperationen gleichzeitig auszuführen. Das leise Piepsen an seinem Handgelenk zeigte an, dass die letzte Minute vor dem Loskreischen der Alarmanlage angebrochen war. Auch das Kätschen an der Wand schien mit dieser Einschätzung übereinzustimmen, denn das Blinken wurde schneller.
Routiniert entfernte Baggenstos die Abdeckung und legte die Platine frei. Mit geübtem Griff befestigte er die beiden Klemmen an den richtigen Stellen und schaltete seine Zaubermaschine ein. In unlesbarem Tempo jagten nun Ziffern über das Display, der Code zum Abschalten des Alarms wurde berechnet. Sobald die Anzeige stillstand, war die korrekte Zahlenfolge ermittelt und er musste nur noch auf ein kleines Knöpfchen drücken, um die Eingabe zu bestätigen. Verdammt, dass dauerte diesmal aber. Baggenstos riskierte einen Blick auf die Typenbezeichnung der Alarmanlage. Das war zwar ein ziemlich hochwertiges Teil, aber nichts, womit seine Wunderkiste nicht fertig werden sollte. Die Uhr an seinem Handgelenk begann jetzt auch noch zu vibrieren. Noch zehn Sekunden also. Der Mund wurde ihm trocken, die Konsequenzen eines Scheiterns kamen ihm langsam in den Sinn. Das Ausbleiben seines Honorars war noch die erträglichste Folge. Knast war schon weniger angenehm, aber ziemlich wahrscheinlich, denn in diesem Teil der Stadt waren die Bullen ruckzuck zur Stelle. Die Drohungen seines Auftraggebers, den er nie persönlich getroffen sondern stets nur am Telefon erlebt hatte, machten ihm allerdings wirklich zu schaffen und er war froh, vor diesem Einsatz noch seine Notdurft verrichtet zu haben. Möglicherweise hätte er sich ansonsten bereits eingenässt. Was hatte der Kerl ihm angedroht? Irgendwas von einem Sack in den er ihn stecken wollte? Das konnte nur eine Metapher für etwas wirklich Schlimmes sein.
Baggenstos war so mit seinen quälenden Gedanken beschäftigt, dass ihm fast entgangen wäre, wie die Anzeige auf seinem Gerät plötzlich stehen blieb und vier Ziffern anzeigte. Vier Zeichen, die für ihn in diesem Augenblick von unglaublicher Schönheit waren. Wie von selbst drückte sein Zeigefinger den kleinen Knopf, der allem Schrecken und aller Furcht ein Ende bereiten sollte und im gleichen Augenblick herrschte eine friedliche, geradezu überirdische Stille um ihn herum. Baggenstos atmete tief durch und verstaute dann seinen kleinen Helfer in der Jackentasche, bevor der ihm noch aus den schweissnassen Händen glitt. Dann drehte er sich zu seinem Begleiter um, wobei er eine grosszügige Geste versuchte, die zeigen sollte, dass das Haus nun ganz zu seiner Verfügung stand.
Doch der unverschämte Kerl schenkte ihm keinen Blick. Vielmehr hatte er nun sein Handy am Ohr und sprach einige Worte hinein. Anschliessend schritt er nach vorne zur zweiflügeligen Haustür, geradeso, als wohnte er bereits hier, und öffnete diese. Dann sah Baggenstos nur noch für wenige Augenblicke einen roten Mantel, einen weissen Bart und einen grossen Sack. bevor die Welt um ihn herum schwarz wurde. Wie aus der Ferne hörte er die Stimme, die er vom Telefon kannte. „Wird auch immer schwieriger, unsere Arbeit zu machen. Die Leute haben keinen Kamin mehr und sichern ihre Häuser so sehr, dass nicht mal mehr unsereins hineinkommt. Das ist nicht gut. Das bläht unsere Nebenkosten für solche Kerle, wie diesen lausigen Einbrecher auf. So werde ich mein Budget nicht mehr lange halten können. UNd wieder einmal leiden doch nur die armen Kinder darunter …“

Journaleintrag vom 24.11.2013

Liebe Leserinnen und Leser,

hier regnet es. Es ist kalt. Usselig, wie man im Rheinland sagen würde. Die Kinder sind schlecht gelaunt. Alle drei! Meine Sonntagszeitung lag feucht und aufgequollen im Briefkasten. Daher bin auch ich jetzt ein wenig übellaunig. Aber wissen Sie was? Ich habe ein wunderbares Rezept, wie ich aus einem Sonntag, der solcherart beschissen – wenn Sie mir die direkte Fomulierung dieser Umstände gestatten – begonnen hat, noch einen grossartigen Tag machen kann. Sie erahnen es schon: da wird mal wieder jemand über die Klinge springen müssen. Genau! In meiner aktuellen Geschichte ist ohnehin gerade ein kleiner, schicker Mord fällig. Den habe ich mir extra für einen Tag wie den heutigen aufgehoben. Und werde ihn nun ganz genüsslich zu Papier bringen. Vielleicht probieren Sie so etwas auch einmal aus, wenn es Ihnen geht, wie mir? Einen kleinen Tipp dazu noch, wenn Sie erlauben: die Betonung liegt auf „zu Papier bringen“. Gell, es ist explizit nicht die praktische Umsetzung gemeint. Nur, das wir uns richtig verstehen.

Journaleintrag vom 18.10.2013

Liebe Leserinnen und Leser

lesen Sie auch am liebsten Geschichten, die an Orten spielen, in denen Sie sich bestens auskennen? Weil Sie dann näher am Geschehen dran sind, den Figuren quasi direkt über die Schulter sehen können? Und auf der anderen Seite ausrufen, wenn der Täter einen Weg nimmt, der so schon seit Jahren nicht mehr existiert und allenfalls noch via Google Maps beschritten werden kann? Merken Sie schon worauf ich heute hinaus will? Der Autor sollte sich bei der Einbettung seiner Geschichte in einen geografischen Kontext nicht allein auf die Recherche aus der Ferne verlassen. Also googeln, mal eine Map anschauen oder gar mit dem Streetview durch die fraglichen Quartiere streifen; das reicht nicht.

Was bleibt uns Schreibenden dann? Schreiben wir nur noch über die Orte, mit denen wir persönlich vertraut sind? Klar, dann dürfen Sie schon jetzt gespannt sein, welche kriminellen Begebenheiten die ländliche Idylle des beschaulichen Gipf-Oberfrick im Kanton Aargau in den kommenden Jahren erschüttern werden. Oder begeben wir uns vor dem Schreiben auf lange und weite Reisen und lassen unsere nächste Geschichte in der Serengeti oder den Strassenschluchten Rio de Janeiros stattfinden? Ich hätte nichts dagegen einzuwenden. Aber dann bräuchten alle Geschichtenerfindenden einen unermesslich vollen Topf für die Reisespesen.

Tja, liebe Leserinnen und Leser, welch ein Dilemma, werden Sie jetzt denken? Schon. Aber es gibt ja auch immer noch einen Mittelweg. Nehmen Sie mein Vorgehen: meine Geschichten spielen an Orten, die ich aus früheren Besuchen kenne und an solchen, in denen ich gestern und heute weile. Sei es auf Geschäftsreisen oder an Familienausflügen. Das darf dann immer noch mit einem Blick auf Google Maps angereichert werden. Aber Sie können dennoch sicher sein, dass der Autor das Lokalkolorit wenigstens irgendwann einmal höchstpersönlich inhaliert hat. Und mehr kann man – finde ich – nicht verlangen.

Journaleintrag vom 16.09.2013

Liebe Leserinnen und Leser,
heute ist es soweit: ich beginne damit, mein Manuskript abzutippen. Das bedeutet nicht, dass es schon fertig ist, sondern dass ich mit Textteilen, deren Erstellung schon länger zurückliegt, in die erste Überarbeitungsrunde gehe. Da fliegt dann raus, was nicht hinein gehört. Und es wird hinzugefügt, was zum besseren Verständnis noch fehlt. Vielleicht können Sie ermessen, dass man als Autor mit Ersterem schon mal seine Probleme hat. Schliesslich hat man jedes Wort selbst hervorgebracht und – ja – hängt irgendwie daran. Manchmal ist es ein wenig so, als würde man lieb gewonnene Freunde aus dem Haus weisen.
Aber ich verrate Ihnen, was – wenigstens in meinem Fall – noch viel, viel schwieriger ist. Das Entziffern meiner Handschrift. Ich kann Ihnen sagen, das stellt eine echte Herausforderung dar. Zwar war mir dies schon lange bewusst, klagten doch schon Lehrer und Taufpaten über schier unlesbares Gekrakel. Aber nun erlebe ich es selber in aller Härte, und schon manche Szene kürzte sich aufgrund ihrer Unlesbarkeit von selbst aus der Geschichte. Das Ganze kann natürlich je nach Schreibort noch einen zusätzlichen Schwierigkeitsgrad erfahren, sei dieser in einer kurvigen Bahnfahrt, einem bockenden Flugzeug oder an einem windigen Meeresstrand gelegen.
Sie werden also hoffentlich Verständnis haben, liebe Leserschaft, wenn ich mich nun also dem Entschlüsseln meines Gekritzels widme. Und seien Sie froh, das der Gutenberg damals … naja, Sie wissen schon.

Journaleintrag vom 13.08.2013

Liebe Leserinnen und Leser,
gerade in diesem Moment habe ich – mitten auf meinem Manuskript und zudem noch in einer Mordszene – eine penetrant-aufdringliche Stubenfliege mit Vorsatz und Fliegenklatsche gemeuchelt. Sie hat dort nun, neben ein paar Fliegenresten einen kleinen roten Fleck hinterlassen. Einen Fleck, der prima zu der niedergeschriebenen Mordszene passt. Und mir die Unmittelbarkeit meiner Beschreibung in aller Deutlichkeit vor Augen führt. Für den Augenblick lässt mich das innehalten, denn das, was ich mit Bleistift und Papier gerade niedergeschrieben habe, ist ja soeben mit der Praxis zusammengetroffen. Und macht mir einmal mehr klar, dass ein solcher Vorgang umumkehrbar und endgültig ist.
Nun will ich nicht dramatisieren, denn ich habe schliesslich nicht den Nachbarn um die Ecke gebracht. Aber immerhin habe ich mich einmal mehr mitder Gewissheit konfrontiert, dass der Tod ein sehr einschneidendes Ereignis im Leben ist. Auch im Leben einer nervigen Stubenfliege. Und dass ich als Autor hier auch eine gewisse Verantwortung trage, in meinen Geschichten nicht zu inflationär damit umzugehen.

Ich habe nun eine Tasse Kaffe getrunken und bin dabei in mich gegangen. Und habe mir fest vorgenommen, auf den kommenden fünfzig …, na sagen wir vierzig Seiten niemandem meiner Figuren auch nur ein Haar zu krümmen. Versprochen! Sie können es ja dann nachzählen.

Journaleintrag vom 10.07.2013

Liebe Leserinnen und Leser,
wussten Sie, dass es unter uns Schreiberinnen und Schreibern eine Art Aberglauben gibt, der besagt, dass ein Buch ganz ohne jeden Tippfehler niemals ein Erfolg werden wird? Doch, so ticken wir. Nun ist es aber nicht so, dass wir nach Lektorat und Korrektorat heimlich noch einen solchen platzieren würden, um unserem Elaborat den Weg auf die Bestsellerlisten zu ebnen. Wir sind auch so sicher genaug, dass es schon einer bis zur Druckerei schaffen wird. In den meisten Fällen sogar mehr als einer. Aber haben Sie sich eigentlich schon mal gefragt, wer im Herstellungsprozess eines Buches tief und fest geschlafen haben muss, wenn Sie bei der Lektüre über ein Wort stolpern, dass entweder falsch geschrieben ist, oder an den Fundort gar nicht hingehört? Also um das gleich mal klarzustellen: wir AutorInnen können natürlich nichts dafür! Weder beim Schreiben, noch beim Überarbeiten sind wir in der Lage, uns mit solchen Lappalien abzugeben. Das können Sie sicher verstehen. Bleiben also die armen LektorInnen und KorrektInnen! Jein! Klar haben die ein gerüttelt Mass an Verantwortung für die orthografische Qualität. Aber eben doch nicht das letzte Wort. Denn da gibt es ja schliesslich noch den grossen Bruder aller Schreibtätigen: unsere Textverarbeitung. Sie glauben ja nicht, welche Macht diese über uns hat. Ja, auch über Sie! Fast frei darf sie entscheiden, welche Korrektur sie übernimmt, wenn uns beim allzu flüssigen Tippen der eine oder andere Buchstabenverdreher unterläuft. Und niemand nimmt diese eigenmächtigen Entscheidungen wahr, keine Markierungen werden dort angebracht, wo das allmächtige Schreibprogramm in unsere orthografischen Fähigkeiten eingegriffen hat. Sie gehen gleichsam unter in einem Meer von korrekt daherkommenden Buchstabenfolgen. Und fallen erst den geneigten, oder nach einer Häufung dieser Falsifikate nicht mehr so sehr geneigten LeserInnen auf, wenn sie einem Sitz mehrmals losen und studieren mussten, um dem Holperer auf dem Schliche zu kämmen.
Liebe Leserinnen und Leser, was will ich Ihnen eigentlich mit diesen Zeilen sagen? Wir können nichts dafür! Wenden Sie sich an Bill und seine Genossen.

Journaleintrag vom 08.06.2013

Liebe Leserinnen und Leser,
entschuldigen Sie bitte, wenn ich mich heute ein wenig kurz fasse. Aber ich bin traurig. Ja, ich glaube behaupten zu können, zutiefst betrübt zu sein. Warum, fragen Sie sich? Ich musste mich heute schweren Herzens von einer Figur trennen, die mir während des Schreibens still und heimlich ans Herz gewachsen ist. Auf die ich mich morgens beim Spitzen des Schreibwerkzeuges schon freute und der ich des abends (aber sagen Sie es nicht weiter) eine gute Nacht wünschte. Und nun ist sie tot, dahingeschieden, gemeuchelt. Von diesem miesen Kerl, zu dem ich so gar keinen Draht kriege, der einfach zu schäbig ist und alle meine Figuren drangsaliert und ängstigt. Warum ich das als Urheber dieser Fantasie zulasse? Ich bitte Sie, liebe Leserinnen und Leser. Die Geschichte verlangt es! Der Plot macht es unumgänglich. Manchmal müssen wir den Zwängen unserer Erzählungen nachgeben, damit wir am Ende dort herauskommen, wo wir es geplant hatten. Denn auch wenn wir im Vorhinein schon wissen (sollten) was in unserer Geschichte so alles passiert und wo die Reise hingeht, so können wir doch nicht ahnen, ob sich eine der Figuren, die über die Klinge springen müssen, nicht vielleicht in unsere Herzen schleicht und ein wenig Sonne in unser Leben bringt. Und, wenn es doch geschehen musste, wenn das Böse und Niederträchtige doch zuschlug und dieses liebenswerte und einnehmende Wesen nicht mehr unter uns weilt, dann überkommt auch uns Schreibende ein Moment der Trauer und der Leere, dem wir wenigstens kurz nachgeben müssen. Denn wir wissen natürlich, dass es nicht das letzte Opfer unserer allmächtigen Fantasie bleiben wird. Das weitere folgen werden. damit unsere Geschichten spannend und fesselnd bleiben. Sie sehen also, wir können, ja wir dürfen nicht anders. Hart, nicht?

Journaleintrag vom 15.05.2013

Liebe Leserinnen und Leser,
heute ist der Tag des Bleistifts. Finde ich. Doch, ihm, dem Schreibwerkzeug, mit dem schon der alte Plinius hantierte, ja, der schon in der Antike verwendet worden sein soll, könnte mal ein wenig unserer Aufmerksamkeit zuteil werden. Im Jahre 1680 erst, schwappte dieses Schreibwerkzeug in die deutschen Stuben, wussten Sie das? Und zwar aus England. Aber schon damals enthielt der Bleistift gar kein Blei mehr. Das war um 1564 im britischen Brownsdale durch das heute noch verwendete Graphit ersetzt worden, sehr zum gesundheitlichen Wohl aller Schreibenden übrigens, denn der häufige Kontakt mit Blei ist dem Menschen nicht sehr zuträglich.
Wie auch immer, halten Sie, liebe Leserinnen und Leser es wie sie wollen. Ich werde ihn heute ehren, den Bleistift, den ich an jedem Tag benutze. Unlackiert und im Härtegrad HB.

Journaleintrag vom 09.04.2013

Liebe Leserinnen und Leser,
das wird Ihnen jetzt vielleicht nicht so richtig gut gefallen. Wo Sie immerhin noch zu Ostern Schnee und glatte Strassen hatten. Aber es muss ja raus: ich hatte es schön warm und sonnig. Wo? Nein, auch nicht in meinem Garten, dem ging es ganz ähnlich wie Ihnen. Nein, in Sardinien. In der Nähe von Cagliari, in Südsardinien also. Warum ich Ihnen das erzähle? Gewiss nicht, um Ihnen Tränen des Neides in die Augen zu treiben. Aber wissen Sie, wenn man in seinen Geschichten so viel mit Schurken und schrecklichen Begebenheiten konfrontiert wird, dann muss man sich als Autor einfach mal was Wohltuendes und Angenehmes gönnen. Finden Sie nicht auch? Und in Sardinien, am leeren, weissen Strand, von der Sonne beschienen, vor mir das türkisblaue Meer, hinter mir leuchtend gelb blühende Mimosen … Ach, da floss es mir einfach nur so aus der Feder. Und all das Schlimme und Garstige, was sich da vor meinen Augen manifestierte, schlug mir nicht mehr so sehr aufs Gemüt. Sie sehen also, solche kleinen Reisen in nettere Gefilde, die kommen ja nicht zuletzt auch Ihnen zugute, liebe Leserinnen und Leser. Meinen Sie nicht auch?

Journaleintrag vom 06.03.2013

Liebe Leserinnen und Leser,
haben Sie schon mal gemusst? Also nicht müssen gemusst, verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Sondern lesen gemusst. Und auch nicht Fachaufsätze oder Sachbücher, das kennen wir sicher alle mehr oder weniger aus Schul- und Ausbildungszeiten oder der beruflichen Weiterbildung. Nein, ich spreche von Krimis. Von Geschichten also, denen wir uns zur Belohnung nach der Verrichtung des Tageswerks oder des Wochenends hingeben. Also, mussten Sie schon mal?
Sicher fragen Sie sich, was der Verfasser dieser Zeilen denn nun schon wieder ausbrütet? Ganz einfach: er muss. Also nicht müssen, das hatten wir doch schon. Lesen muss er. Krimis, deutschsprachige, haufenweise! Und das nicht nur vor dem Einschlafen, oder bei einer gemütlichen Tasse Kaffee am Sonntagnachmittag. Nein, eigentlich rund um die Uhr und das an sieben Tagen in der Woche. Und weshalb? Weil er in der Jury sitzt, die den Glauser Preis für den besten Roman 2014 auswählen. Da werden üblicherweise um die 300 Bücher eingereicht. Die innerhalb dieses Jahres zu lesen und mit den andern Jurymitgliedern zu diskutieren sind. Mit dem Ziel, sich zuerst auf eine Short List und dann auf ein/en glückliche/n Gewinner/in zu einigen.
Sie sehen, liebe Leserinnen und liebe Leser, da kommt jede Menge Arbeit auf mich zu. Ganz wunderbare Arbeit, wie ich finde, denn was könnte es – neben dem Schreiben – schöneres geben? Sie werden mich also jetzt bitte entschuldigen, ich hätte da dringend ein Buch zu lesen …

Journaleintrag vom 19.01.2013

Liebe Leserinnen und Leser, mal Hand aufs Herz: nehmen Sie sich eigentlich für das neue Jahr noch Dinge vor? Zum Beispiel, mit dem Rauchen aufzuhören, erst nach 16:00 Uhr Schokolade zu essen und einmal die Woche … naja wenigstens pro Monat um den Park zu joggen? Echt? Und ist das nicht frustrierend? Ich meine, wenn es nicht gelingt, und das bereits bevor der Februar zur Hälfte um ist?
Ich war auch mal einer von Ihnen. gelobte zum Jahreswechsel Grosses, um dann erkennen zu müssen, dass ich bereits vor Frühlingsbeginn mit meinen Jahreszielen gestrauchelt war. Aber dann, eines Jahres, habe ich erkannt, dass mir dieses Vorgehen nicht gut tut. Und wissen Sie was? Ich habe dem abgeschworen. Ich weiss es noch wie gestern, es muss so um den Jahreswechsel 2005/2006 gewesen sein. Da nahm ich mir fest und unerschütterlich vor, mir nie mehr etwas vorzunehmen! Sie ahnen schon was? Richtig, das konnte ich einhalten. Bis heute! Welch eine Leistung, finden Sie nicht?

Journaleintrag vom 20.12.2012

Liebe Leserinnen und Leser,

wie alljährlich an ungefähr dieser Stelle, wünsche ich Ihnen ein erfreulich friedliches Weihnachtsfest und ein ungeahnt wunderbares neues Jahr. Ich bedanke mich dafür, dass Sie meinem Blog und mir die Treue gehalten haben (was im ausklingenden Jahr 2012 ja nicht ganz so ungetrübt für Sie gewesen sein dürfte) und freue mich auch in 2013 über Ihre Begleitung und Anteilnahme.
Bevor wir nun zum diesjährigen Weihnachtskürzestkrimi kommen, noch ein paar beruhigende Vorbemerkungen. Nach dem Aufschrei, der dem letztjährigen Weihnachtskrimi folgte und den vielen besorgten Nachfragen zum Wohlergehen meiner Ehefrau (für die – ich wiederhole es an dieser Stelle noch einmal – zu keiner Zeit auch nur die Spur einer Gefahr bestand und die sich nach wie vor bester Gesundheit erfreut!), verspreche ich Ihnen für diese Ausgabe einen deutlich weniger drastischen Krimi. Natürlich auf keinen Fall eine völlig harmlose Geschichte, ein Krimi soll es ja dennoch sein. Aber lesen Sie doch selbst:

Verdammt, da war es wieder, dieses Geräusch. Diesmal näher als beim letzten Mal. Marie-Luise Hausmann packte die Decke fester und zog sie leicht zitternd bis zum Kinn hinauf. Ein Scheppern und Rumpeln. Innerhalb ihres Hauses, da war sie ganz sicher. Sie meinte sogar, ein leises Vibrieren zu spüren. Dann setzte wieder Stille ein. Absolute Stille, in der kein Laut an ihre Ohren drang, als der eigene, schnell gehende Atem. Damit einhergehend das hilflose Gefühl aufkeimender Panik und die Erinnerungen an den Tag, der ihr die allgegenwärtigen Schreckensbilder eingepflanzt hatte und der zugleich ihr letzter Tag im aktiven Polizeidienst gewesen war.
Schon sah sie den Kerl mit der Maske wieder vor sich, hörte die Angstschreie der Geiseln, roch das Kordit seiner abgefeuerten Warnschüsse. Schon spürte sie die beruhigend kühle und schwere Dienstwaffe in ihren Händen und das Entsetzen, als sich ihr Finger wie von selbst um den Abzug gekrümmt hatte, der bellende Ton ihr in die Ohren biss und der Maskierte in einer Wolke roten Sprühnebels gegen die kugelsichere Trennscheibe des Banktresens geschleudert wurde. Marie-Luise vermochte es nicht zu verhindern, dass sich das Zittern in ihr ausbreitete und mehr und mehr von ihr Besitz nahm und die Kontrolle über ihren Körper ergriff. Nicht mehr lange und das Schluchzen, das sich bereits in ihr aufbaute, würde als nicht enden wollender, hässlicher Laut aus ihr hervorbrechen.
Erneut einsetzendes Scharren und Klappern bereitete all dem mit einem Mal ein Ende. Als hätte jemand in ihr einen Schalter umgelegt. Einen Schalter, von dem sie nur zu gerne wüsste, wo der zu finden war und wie sie ihn selber bei Bedarf bedienen konnte. Die Spannung in ihrem Körper, die Klarheit ihrer Wahrnehmung blieben, doch die Panik und das Zittern waren wie weggespült. Mit geschlossenen Augen folgte sie den Geräuschen, die von irgendwo in ihrem Haus an ihre Ohren drangen. Versuchte sie sich vorzustellen, ob mehrere Personen in ihre Privatsphäre eingedrungen und womit sie diese Töne zu erzeugen mochten. Langsam entstanden Bilder vor ihrem inneren Auge. Da war ein Wesen in ihrer Stube zugange. Doch was tat es? Es klang nach dem dumpfen Aufprall von zu Boden fallenden Gegenständen. Dann ein Knarzen, als wenn jemand Möbel verschiebt. Mit einem Ruck saß Marie-Luise aufrecht im Bett. Sie war ganz sicher, dass soeben irgendwer ihr schweres, altes Biedermeier Chaiselongue zur Seite geschoben hatte. Das konnte doch nicht wahr sein?
Wie ferngesteuert schwang sie die Beine aus dem Bett und schlüpfte in die Hausschuhe. Beugte sich zu ihrem Nachtschränkchen, öffnete die Tür, die für einmal nicht klemmte, und ergriff ihre Handfeuerwaffe, die sie mit geübtem Griff entsicherte. Wie fremdbestimmt schlich sie zur angelehnten Schlafzimmertür, von dort in den dunklen Flur hinaus zur weit offenstehenden Stubentür. Der Eindringling schien nichts von ihren Aktivitäten mitbekommen zu haben, denn er war weiterhin mit dem beschäftigt, was er da drinnen eben tat. Langsam und geräuschlos schob Marie-Luise Hausmann sich über die Türschwelle in die Stube. Ihre Augen hatten sich längst an das diffuse Licht gewöhnt und aus den Augenwinkeln nahm sie wahr, dass nicht nur das wuchtige Sitzmöbel, sondern auch der Couchtisch und der zierliche Sekretär nicht mehr an ihrem angestammten Platz waren. Da! Der Mann bückte sich gerade in den Kamin. Wollte er etwa auf diesem Weg das Diebesgut aus ihrem Haus schaffen? Was er am Ende bereits dabei, sich aus dem Staub zu machen? Mit den Dingen, die ihr lieb und wichtig waren? Familienschmuck, Bargeld, Erinnerungsstücken?
Marie-Luise spürte ein Gefühl, ein starkes Gefühl in sich aufwallen. War es Wut? Ja, Wut auf diejenigen, die sich einfach nahmen, was sie begehrten. Die Eigentumsrechte der Menschheit mit Füssen traten. Die sich außerhalb des Rechts stellten und die daher auch jedes Anrecht auf das Recht verwirkt hatten. Ihr wurde ganz schwindelig, so schnell und glasklar kamen die Erkenntnisse über sie. Schon wollte sie den Kerl damit konfrontieren, ihn zur Rede stellen, ihn zwingen Stellung zu beziehen, da richtete der sich plötzlich zu seiner vollen, imposanten Grösse auf. Er hatte eine merkwürdige, weisse Maske vor dem Gesicht. Was er auf dem Kopf trug, liess sich mit nichts vergleichen, was sie je in ihrem Leben gesehen hatte. Oder doch? kam ihr die Form nicht irgendwie bekannt vor? Nun hielt er unvermittelt einen langen, schwarzen, bedrohlich wirkenden Gegenstand in den Händen. Eine Waffe?
Da krümmte sich schon wieder, wie durch einen bedingten Reflex, ihr Finger am Abzug, das Bellen zerriss die Stille und die Gestalt vor ihrem Kamin wurde nach hinten geschleudert. Direkt in den Ständer mit ihrer Sammlung wunderbarer Porzellanteller. Und blieb dann reglos liegen. Das Zittern war zurückgekehrt, als Marie-Luise Hausmann das Licht andrehte und sie prallte zurück, als sie die Szene betrachtete, die sich ihr nun darbot. Die Möbel waren großzügig beiseite geschoben. Dort, wo sonst ihr zierlicher Sekretär aus rötlichem Kirschholz stand, prangte nun ein raumhoher, festlich geschmückter Tannenbaum. Davor türmten sich zahllose, in buntes Papier eingeschlagene Pakete. Ein paar weitere lagen im Kamin, geradeso, als seien sie durch die darüber befindliche Schlotöffnung heruntergepurzelt. Dazwischen, wie ein Berg, lag der Weihnachtsmann. So, wie sie ihn sich immer vorgestellt hatte, mit rotem Mantel und roter Mütze, ein langer, weißer Bart zierte sein Gesicht. In der Hand hielt er noch die Rute aus schwarzglänzendem Reisig. Die Augen starrten zur Decke hinauf, der Blick war gebrochen. Unter dem reglos Daliegenden breitete sich langsam eine rote Lache aus.
Mit einem Ächzen ließ Marie-Luise Hausmann ihre Handfeuerwaffe sinken, dann drang ein schier unmenschlicher Schrei in ihre Ohren. Es dauerte, bis sie merkte, dass sie es war, die schrie. Von kaltem Schweiß bedeckt, die Bettdecke zu einer dünnen Wurst unter sich zusammengerollt, wachte Marie-Luise schweratmend aus ihrem üblichen Alptraum auf, in dem sie den Weihnachtsmann erschoss. Seit Wochen ging das nun schon so. Und davor hatte sie im Traum St. Martin vom Pferd geblasen. Aber jetzt, endlich wurde ihr klar, dass sie sich Hilfe holen musste. Professionelle Hilfe, und das schnell. Sonst würde sie demnächst den Osterhasen über den Haufen schießen, davon war sie überzeugt.

Journaleintrag vom 03.11.2012

Doch, doch, jetzt geht es wieder. Ein klein wenig. Und Sie, liebe Leserinnen und Leser sind praktisch minutiös ZeugInnen einer echten, handfesten Schreibblockade geworden. Schrecklichem, leibhaften Entsetzen eines jeden Autors (und natürlich ebeneso einer jeden Autorin). Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie froh ich bin, diese abscheulichen, sinnleeren Wochen und Monate hinter mich gebracht zu haben. Jetzt gilt es den Stift fest in die Hand zu nehmen, den Blick nach vorne und aufs Papier zu richten und sich endlich, ENDLICH wieder den wirklich wichtigen Dingen des Lebens widmen zu können. sie entschuldigen mich? Ich spüre schon die Muse an mir rütteln. Ich muss schreiben, schreiben, schreiben!

Journaleintrag vom 30.09.2012

Eine Spur. Doch, ja. Nur, was für eine?

Journaleintrag vom 30.09.2012

Aber jetzt. Da! …. Nee, doch wieder nur nichts.

Journaleintrag vom 20.08.2012

Nichts! Immer noch Nichts!

Journaleintrag vom 23.07.2012

Nichts? Nichts!

Journaleintrag vom 19.06.2012

War da was …? … nein. Nichts.

Journaleintrag vom 22.05.2012

Das ist schon ziemlich kriminell, was da in Sachen Urheberrecht derzeit vor sich geht, liebe Leserinnen und Leser. Und mal ganz abgesehen davon, dass wir Krimiautoren es nicht gewohnt sind, kriminellen Machenschaften ausgesetzt zu sein, sondern wir diese lieber selber gestalten, ist es schon frappant, mit welcher Aggressivität und welchen undemokratischen Methoden sich die Gegner des Urheberrechtes hierbei engagieren. Da werden Web Sites und persönliche Daten gehacked, da werden eMailaccounts derer, die sich für das Urheberrecht stark machen, bombardiert und stillgelegt. Da werden AutorInnen persönlich bedroht. Man möchte meinen, sich in einem schlechten Krimi aus irgendeiner Bananenrepublik zu befinden.
Interessanterweise gibt es jedoch im Lager der Urheberrechtsaufhebungsfordernden solche, die über die sich geradezu jedermann aufdrängenden Gründe gegen diese überkommene, ja geradezu ewig-gestrige Regelung, in Büchern auslassen. In Bücher, die – Sie werden es nicht glauben – käuflich erworben werden können. Merkwürdig? Für mich schon, vor allem, wenn ich beispielsweise auf Dirk von Gehlens Homepage nur einen Link auf Amazon finde, wo ich dessen Epos „Mashup – Lob der Kopie“ gegen Einwurf entsprechender Münzen beziehen kann. Einen Link, über den ich eine entsprechende Kopie herunterladen könnte, fehlt unerklärlicherweise.

Journaleintrag vom 24.03.2012

Hand aufs Herz, liebe Leserinnen und Leser, wann haben Sie das letzte Mal ausgiebig und hemmungslos gechillt? Also so richtig, mit Wellness und Sauna, mit faulem Herumhängen, zügellosem Lesen und Vollverpflegung rund um die Uhr? Wissen sie was? Bei mir ist es noch nicht so lange her. Erst in der vergangenen Woche habe ich mir ein paar ausgiebige Tage im wunderschönen und schon mehr als frühlingshaften Südtirol gegönnt. Ach, ich kann Ihnen sagen, es war grossartig. So friedlich und entspannend. Jeder Wunsch wurde mir von den Augen abgelesen. Noch etwas Kaffee? Ein Spiegelei mit Schinken? Etwas Feines zum Dessert? Das ist es doch, was wir manchmal einfach brauchen: nichts tun müssen und dabei noch auf das Beste verwöhnt werden. Nicht einmal an meine Geschichten habe ich zwischendurch denken müssen, weder an die miesen Schurken, noch an jene, die dafür sorgen, dass wir selbst des Nachts behelligt aus dem Haus gehen können. Sie werden es nicht glauben, aber ich war nach einer kurzen Eingewöhnungsphase so was von ausgeglichen. Wohlwollend. Voller Harmonie. Von tiefem inneren Frieden erfüllt. Obwohl, da gab es diesen Kerl vom Nachbartisch, der sich beim Frühstücksbufett ungeniert die letzte Salami auf den Teller häufte. Oder der Bursche, der in der Sauna auch dann langgestreckt liegen blieb, wenn die Sitzbänke voll und voller wurden. Und dann der Knabe aus dem Nachbarzimmer, der schnarchte, als gäbe es Geld dafür. Sie werden es sich schon denken können, liebe Leserinnen und Leser, ab dem dritten Tag entstanden vor meinem kriminellen inneren Auge Bilder, in denen die Schurken schonungslos daniedergemetzelt wurden. In denen sie ihre Selbstsucht bereuten und um Gnade winselten. Und dann fing ich doch wieder an, zu schreiben. Wissen Sie, man soll jeden wunderbaren Einfall den man hat, sofort zu Papier bringen, bevor er verblasst oder durch den nächsten verdrängt wird. Heilige Autorenregel. Gilt auch im Wellnesskurzurlaub.

Journaleintrag vom 26.02.2012

Liebe Leserinnen und Leser, Sie haben es vielleicht schon mitbekommen. Mein bereits seit langem angekündigter und regelmässiger verschobener neuer Krimi mit dem Titel „Das Gebot der Reinheit“ wird nicht erscheinen. Aus Gründen, die dem Stillschweigen unterliegen, habe ich mich im Januar von meinem Verlag Kameru getrennt und die Zusammenarbeit per sofort beendet. Nun seien Sie nicht traurig, denn dies bedeutet keinesfalls das Ende meiner Geschichten bei dem Buchhändler Ihres Vertrauens. Aktuell arbeite ich mit einer erfolgreichen Literaturagentur zusammen und Sie sehen mich optimistisch in meine kriminelle Zukunft blicken. Sobald es einen neuen Verlagsvertrag und damit ein Veröffentlichungsdatum für meinen nächsten Krimi gibt, werde ich Sie informieren. Ganz bestimmt!

Journaleintrag vom 24.01.2012

Liebe Leserinnen und Leser. So jung das Jahr 2012 auch erst sein mag, schon sehe ich mich zu einer Klarstellung genötigt. Eine Klarstellung zu meinem letzten Journaleintrag mit dem Weihnachtskürzestkrimi 2011. Sie werden es nicht glauben, aber es erreichten mich zahllose Mails fassungsloser Leserinnen und Leser, die sich mit grosser Besorgnis nach dem Wohlergehen meiner Gattin oder nach der Qualität unserer Ehe erkundigten.

Nachdem ich also in den vergangenen Wochen gewissenhaft alle Erschrockenen beruhigen konnte, möchte ich dies nun auch noch einmal hier, für die zurückhaltendere, breite Öffentlichkeit wiederholen. Meine Frau ist wohlauf, unser Weihnachtsfest war ein Friedliches, an dem es gar kein Bratenstück gab! Zudem ist unsere Beziehung eine glückliche und besteht kein Anlass zur Besorgnis! Und darüberhinaus: wenn ich als Autor über Mord und Totschlag, Erpressung und Entführung, Messerstechereien und Brandstiftung schreibe, dann entspringt alles, was ich dabei produziere ausschliesslich meiner – zugegeben lebahften – Fantasie. Es gehörte weder zu früheren beruflichen Tätigkeiten, noch in der Familie oder dem engsten Freundeskreis zu Testzwecken ausprobiert. Es hat nur in meinem Kopf stattgefunden. Ich gebe gerne zu, das darin mitunter merkwürdige Dinge vor sich gehen und dass man sich darüber den einen oder anderen Gedanken machen könnte. Aber seien Sie versichert, liebe Leserinnen und Leser, meine Umwelt ist und wird dadurch zu keiner Zeit gefährdet sein oder gar zu Schaden kommen. Denn ich bin ein ganz und gar friedliebender Mensch, der niemandem etwas Böses wollen würde.
So. Ich hoffe, das ist jetzt zwischen uns geklärt. Und jetzt muss ich wieder ans Werk. Sie wissen schon, Leute meucheln, erpressen und unter Druck setzen. Das Übliche halt, womit wir Autoren uns so tagtäglich herumschlagen müssen.
In GEDANKEN, gelle?

Journaleintrag vom 18.12.2011

Liebe Leserinnen und Leser, schon ist es wieder soweit. Das Glöcklein klingelt, vom Himmel hoch, da kommen sie her, alle sind schon froh und munter, wie jedes Jahr eben. Und genauso, wie in jedem Jahr, bedanke ich mich dafür, dass Sie so oft hier in meinem Journal vorbeigeschaut haben. Und wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest. Also, ein richtig frohes und kein solches, wie gleich im Anschluss, in meinem zweiten Weihnachtskürzestkrimi, den ich Ihnen auch in diesem Jahr als kleine Gabe unter den virtuellen Weihnachtsbaum lege. Und ein gesundes und gutes neues Jahr wünsche ich Ihnen dann auch, in dem wir uns in alter Frische wiedersehen. Vielleicht auf einer meiner Lesungen; möglicherweise in einem Buchgeschäft, wenn Sie meinen neuen Krimi aus dem Regal nehmen. Ganz sicher aber hier, in meinem Journal.

Leise flackernd entzünden Streichhölzer die zahlreichen Christbaumkerzen. Sanfte Flammen lecken gierig an unberührten Dochten, verbreiten ein warmes Licht im Raum. Schaffen einen Ort der Ruhe in der hektischen Betriebsamkeit der letzten Augenblicke vor dem Weihnachtsabend, dem Fest der Liebe. Es sind nicht mehr viele Handgriffe nötig, für den letzten Schliff. Die goldumrandeten Teller ordentlich zwischen den Besteckreihen auszurichten. Den Bordeaux zu dekantieren. Die goldenen Schleifen an Päckchen, Briefchen und Döschen zu kräuseln und drapieren. Das Bratenstück zu tranchieren. Jeder füllt seine Rolle aus, Worte sind nicht nötig. Er besorgt die kulinarischen Angelegenheiten, sie kümmert sich um die dekorativen Belange. Es klirrt das Messer auf der silbernen Fleischplatte. Es klingen leere Weingläser auf der Suche nach der korrekten Position zwischen Messerbänkchen und Serviettenringen. Seine Hand zittert leicht beim Versenken der scharfen Schneide in zartrosa Filet. Sein Blick bohrt sich derweil in ihren Rücken. Verkrampft hält sie die spitze Schere in den Händen, emsig mit goldnem Paketband und rotem Schleifenwerk beschäftigt, ein Haifischlächeln in ihr Gesicht geschnitzt. Gedanken, die den fröhlichen Engelsgesang von der CD verhöhnen, verdunkeln ihre Sinne. Ein prüfender Blick, der trifft, bis ins Rückgrat fährt und sogleich wieder unbeschwert heiterer Miene weicht. Dann. Es ist soweit. Er füllt die Champagnerflöten. Eines leicht schäumend an langsam sich in Nichts auflösendem Pulver, für sie. Sie richtet die Pralinés auf zierlichem Porzellan an, eines mit besonderem Guss, für ihn. Sie treffen sich an der festlich gedeckten Tafel, jeder das spezielle Präsent für den anderen griffbereit angerichtet. Sie tauschen Blicke, die den aufgestauten Hass routiniert überdecken. Jeder offeriert dem anderen die besondere Gabe. „Trink.“ „Iss.“ Niemand macht Anstalten,  das Dargebotene anzunehmen. Er hebt ihr das Glas entgegen, „trink!“ Sie drückt ihm das Praliné an die Lippen, „iss!“ Köpfe drehen sich weg. Blicke werden eisig. Ein Messer, im Gürtel verborgen, blitzt im Schein friedlich brennender Kerzen. Eine Schere, von weitem Ärmel verhüllt, öffnet die Bügel, leise klingend, wie goldene Glöckchen. Dann. Nacktes Metall in schneller Bewegung. Spitz wie Nadeln an geschmückter Edeltanne. Versinken in zartrosa Fleisch. Münder geöffnet, wie von singenden Engeln. Rot nun, die festliche Kleidung, wie Schleifband an zahllosen Päckchen. Körper im Schwung wie sanft schwebende Cherubim.  Dann. Stille. Frieden. Leise flackernd entzünden zahlreiche Christbaumkerzen weiss-rote Gardinen. Sanfte Flammen lecken gierig an Schränken und Borden in edlen Gehölzen, verbreiten ein warmes Licht im Raum. Weihnacht ist’s. Das Fest der Liebe.

Journaleintrag vom 15.11.2011

Da ist sie wieder, die gefühlt entsetzlich kurze und doch unerträglich lange Zeit, in der Spekulatius, Rauschgoldengel und Weihnachtsmannmützen (oder schlimmer: Elchgeweihe) auf Heerscharen von Passantenköpfen auf uns einprasseln. In der uns Flyer, Newsletter und Werbebroschüren in ungezählter Menge zu Einkäufen verführen – nein: nötigen wollen, die den weihnachtlichen Gabentisch zum Zittern und Wackeln bringen. In der uns permanent Gedankenabschweifungen – „Was schenke ich denn nur A?“ oder „Soll ich diesmal was für B kaufen? Schliesslich hatte der im letzten Jahr …“ oder „Um Himmels willen, C hätte ich ja beinahe vergessen!“ – von den wirklich wichtigen Dingen des Lebens abhalten. Nämlich: wer sollte wie gemeuchelt werden, damit am Ende wem durch wen die Handschellen angelegt werden können?
Sie sehen schon, liebe Leserinnen und Leser, wir Krimischreiber haben es in diesen lamettagesättigten Tagen wirklich nicht leicht. Wir können uns von alldem ja auch nicht so einfach frei machen. Oder denken Sie etwa, wir könnten leichten Gewissens drauflos metzeln lassen, wenn wir im Hintergrund „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ dudeln hören? Oder es würde uns Freude bereiten, wehrlose Opfer dem Drangsal üblen Gesindes auszusetzen, wenn wir von betrunkenen Weihnachtsmännern aus allen Ecken mit friedvollen Weihnachtswünschen zugeworfen werden? Nein, sage ich Ihnen, NEIN, KÖNNEN WIR EBEN NICHT! SO KÖNNEN WIR NICHT ARBEITEN, VERSTEHEN SIE?
Ach, da könnte man glatt selber kriminell drüber werden, entwickelt mitunter den Drang, grazile, transluzente Lichtwesen aus dem Fenster zu werfen, oder rotgekleidete Jutesackträger mit halbautomatischen, kleinkalibrigen … Halt! Merken Sie was? Es geht, es geht wieder. Wunderbar, ganz wunderbar! Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen, da muss ich gleich noch ein paar heimtückische Morde ausformulieren, wo es doch gerade so gut läuft.

Journaleintrag vom 10.10.2011

Die gute Nachricht des Tages, liebe Leserinnen und Leser: es gibt sie, die Herbstauszeit. Ich habe sie ausprobiert und Sie konnten sie höchstselbst überprüfen (mussten Sie doch erneut überdurchschnittlich lange auf meinen neuen Journaleintrag warten). Für den Fall, dass Sie Genaueres erfahren wollen: am besten verbringt sich die Herbstauszeit im sonnigen Tessin. Für den Vormittag empfehle ich gerne den Lago Maggiore, vielleicht auf einen Capuccino in Ascona? Die besten Marroni finden Sie in den Wäldern hinter Arcegno. Anschliessend bietet sich ein Spaziergang im Cento Valli an. Und für die Nacht lege ich Ihnen mein Lieblings-Bed&Breakfast in Ronco im Onsernone Tal bei Assunta da Toldo ans Herz. Ich versichere Ihnen, wenn Sie es auf diese Weise oder wenigstens ungefähr ähnlich versuchen, werden auch Sie die Erfahrung einer erfüllenden Herbstauszeit machen.

Journaleintrag vom 27.08.2011

Sommerpause. Ein wunderbares Wort, finden Sie nicht, liebe Leserinnen und Leser? Ich persönlich finde es ganz wunderbar. Und ziehe es ohne Scham heran, um Ihnen den grossen Abstand zu meinem letzten Journaleintrag plausibel zu machen. Es war Sommerpause, wissen Sie? Sommerpause. Ich möchte es immer noch einmal wiederholen. Obwohl sich für dieses Jahr daraus nicht eindeutig erkennen lässt, was genau damit gemeint sein mag. Hat der Autor während des Sommers eine Pause gemacht? Oder hatte der Sommer während mehrerer Wochen in dieser Jahreszeit Pause? Das wäre für 2011 durchaus eine Möglichkeit. Ich denke in meinem Fall trifft von Beidem ein wenig zu. Aber machen Sie sich keine Gedanken, ich habe es genossen. Und die verfügbare freie Zeit dazu genutzt, an meiner neuen Geschichte mit Wahlmann und Dättwyler weiterzuarbeiten. Und mein nächstes Filmchen mit einer kleinen Sequenz aus meinem neuen Krimi „Das Gebot der Reinheit“ vorzubereiten. Finden Sie demnächst auf dieser Web Site. Jetzt ist nämlich Schluss mit Sommerpause. Leider. Ach übrigens, wissen Sie vielleicht, ob es nicht sowas wie eine Herbstauszeit gibt? Das wäre ja was …

Journaleintrag vom 08.07.2011

„Jetzt hat er aber schon ziemlich lange nichts mehr in sein Journal eingetragen“, werden Sie, liebe Leserinnen und lieber Leser zurecht bemängeln, liegt doch der letzte Eintrag schon einige Zeit zurück. Urlaub, mögen Sie vermuten? Keineswegs! Antriebsarmut? Lethargie? Gallopierende Faulheit? Mitnichten! Wie immer – na gut, wie so oft – bin ich fleissig, wie ein ganzer Bienenstaat. Das Lektorat für meinen neuen Krimi „Das Gebot der Reinheit“ läuft auf vollen Touren. Die Arbeiten an meiner neuen Geschichte mit Wahlmann und Dättwyler kommen gut voran. Und nun bin ich auch noch unter die Filmemacher gegangen. Oder nennen wir es ehrlicher: die Filmchenmacher. Und das alles für Sie, geneigte Leserinnen und Leser, denn bis zum Erscheinen meines neuen Krimis, werde ich Ihnen regelmässig kleine Ausschnitte vorlesen. Und diese Sequenzen unter dem Motto „Geisenhainer liest was vor“ auf meiner Homepage veröffentlichen. Gerade heute ist eine erste solche Geisenhainervorlesung fertig geworden. Schauen Sie ungeniert unter Vorgelesenes zu.

Journaleintrag vom 31.05.2011

Was meinen Sie, liebe Leserinnen und Leser, was meinen Sie, was passiert, wenn auf einen Schlag an die 260 mehr oder weniger zurechnungsfähige KrimiautorInnen in eine bis dahin unberührte Region am Niederrhein einfallen? Wenn diese wild gewordene Meute das grösste Hotel am Platz besiedelt und des Abends den Barmann zur Verzweiflung treibt? Und wenn diese Invasion gebündelter krimineller Energien dann auch noch hingeht und während drei Tagen am Stück an den möglichsten aber auch unmöglichsten Orten in dieser bis dato friedlichen Gegend seine entsetzlichen Fantasien ausbreitet und zu Gehör bringt? Nein, das ist keine neue Geschichte, an der ich arbeite, keine Ausgeburt meiner schrägen Vorstellungskraft. Das alles hat tatsächlich so und noch schlimmer stattgefunden. Anfangs Mai 2011, als die 45. Ausgabe der Criminale, das Krimi Festival der deutschsprachigen Krimiautorinnen und Autoren am Niederrhein tobte.
Und ich gebe zu, ich war dabei. Von Anfang bis Ende. Ich bin mitverantwortlich dafür, wenn die Region in diesen Tagen unserer geballten Anwesenheit unter schlimmsten Beeinträchtigungen gelitten, ja irreversiblen Schaden genommen hat. Und ich stehe hier und jetzt dazu. Das ist aber noch nicht alles. Da kommt noch mehr, liebe Leserinnen und Leser. Im kommenden Jahr nämlich, da werden wir wieder da sein. Nicht am Niederrhein – wie suchen nicht die gleiche Gegend zweimal direkt hintereinander heim – nein. Aber im Hochsauerland. Zieht Euch also warm an, Ihr Hochsauerländer und zittert. Sperrt Eure Kinder und alle, die Euch lieb und teuer sind, ein und füllt die Hotelbars. Oder flieht, solange Ihr noch könnt! Ende April 2012 werden wir da sein. Und es wird wieder schrecklich schön werden. Wenigstens für uns Krimischreiberlinge.

Journaleintrag vom 24.04.2011

Fühlen Sie sich auch ein wenig schwerfällig, ja fast schon lethargisch? In diesen Tagen könnte das möglicherweise vom übermässigen Genuss hartgekochter und handgefärbter Eier herrühren. Oder von den – in der Regel damit einhergehenden – schokoladisierten Osterhasen. Von opulenten Speisen zur Morgen-, Mittags- und Abendzeit gar nicht erst zu reden … Gerade was den aktuellen Jahreszeitenlauf angeht, wäre aber auch der brutal über uns hereingebrochene Hochsommer, kaum dass der Frühling so recht zum Zuge kam, ein passabler Deutungsansatz. Oder dann eben beides zusammen. Eine Erklärung, die wenigstens bei mir am ehesten zutreffen dürfte.
Ach liebe Leserinnen und geehrte Leser, was fühle ich mich träge und plump. Wälze mich von Gartenstuhl zu Liege, renne, nein schleiche dem wandernden Schatten nach und versuche, alles Schweisstreibende tunlichst zu vermeiden. Leider, leider zähle ich in diesen Tagen auch das Schreiben, meine nach Schlafen und Ausruhen liebste Tätigkeit, zu den anstrengenden und damit unangenehmen Dingen, von denen ich mich aus Gründen der vollständigen Abnegation fern halte. So fern, wie möglich. Belassen wir es für heute dabei, es wird zu nichts führen. Betrachten wir diese kleine Unterbrechung meines kreativen Tuns als Oster-Sommerpause. Oder sowas. Und hoffen wir, bis zu den Eisheiligen davon erlöst zu sein.

Journaleintrag vom 27.03.2011

Liebe Leserinnen und Leser, riechen Sie das auch? Ist das nicht herrlich? Endlich liegt er wieder in der Luft, der Frühling. Die ersten Fosyzien, ja sogar vereinzelte Magnolien strecken schon ihre Blüten hervor und erfreuen damit das Herz des Wintermüden. Sie wundern sich? Aber sicher sind auch wir meuchelnden und mordenden Krimischreiber empfänglich für das erwachende Leben nach den vergangenen trüben und dunklen Monaten. Da packt auch uns die neue Energie, der Wunsch, alle Fenster aufzureissen und den frühlingshaften Duft hereinwehen zu lassen. Damit kommt nämlich auch frischer Wind in unsere kriminellen Gedankenwelten, erwachsen uns neue Mordmotive, erblühen uns raffinierte neue Verbrechen, knospen uns neue Wege, wie wir unsere Ermittler auf das Glatteis führen können. Da erspriesst mir doch gerade ein Rezept für ein raffiniertes Menü, jahreszeitengemäss mit frischem Bärlauch. Mischen Sie einfach ein wenig Herbstzeitlose darunter und servieren es Ihrem aktuellen Widersacher an al dente gekochten Linguini. Vielleicht reichen Sie noch ein wenig Salat mit frischen Wildkräutern dazu … Ach, liebe Leserinnen und Leser, es gibt doch nichts Schöneres, als den aufkommenden Frühling.

Journaleintrag vom 18.02.2011

Habe ich Ihnen eigentlich schon berichtet? Berichtet von meinem neuen Leben als echter Achtzigprozentiger? Habe ich noch nicht und doch haben Sie selbstverständlich ein Recht darauf, zu erfahren, wie es mir da so ergeht. Geben Sie beim Lesen nur Acht, dass Sie nicht auch selber mal gerne so ein nicht mehr ganz Vollerwerbstätiger werden wollen. Allein der Gedanke birgt nämlich schon eine gewisse Gefahr, wenn Sie verstehen, was ich meine.
Gut, bevor ich nun abschweife. Wir wollten uns mal in meinem neuen Leben umschauen: ich will Sie natürlich nicht anschwindeln. Ich schlafe nicht bis in die Puppen. Abgesehen davon, dass man in MEINEM Alter nicht plötzlich zum Langschläfer mutiert, wäre mir die dadurch verlorene Zeit auch einfach zu schade. Nein nein, ich stehe also weiterhin zu gewohnt früher Stunde auf. Und dann wird erst einmal ordentlich gefrühstückt. Klar, kleine Stärkung muss einfach sein, will man einen kreativen und erfüllten Schreibtag bestehen. Anschliessend erfolgt ein kurzer Blick in den Garten, in die dort herrschende, friedliche Stille. Alles in Frühlingserwartung, perfekt. Obwohl, dieser Apfelbaum sollte dringend geschnitten werden. Und was ist mit den Tomaten vom letzten Sommer? Sie ahnen schon, jetzt ruft zunächst der Garten. Arbeit an der frischen Luft tut bekanntlich gut, anschliessend kann ich mich frisch und munter an meine aktuelle Geschichte setzen. Na ja, nicht direkt, denn danach hat man sich wohl einen stärkenden Kaffee verdient. Doch da! Blinzelt da nicht die lang ersehnte Sonne durch den Morgendunst? Richtig. Ein kleiner Spaziergang, nur hinter dem Haus in die Berge, nur ein halbes, ach was ein dreiviertel Stündchen. Dann kann ich mir schon mal Gedanken über den Fortgang der Handlung machen, das Profil des Bösewichtes noch ein wenig schärfen, und dann, dann setze ich mich aber an den Schreibtisch. Also, nach einem kurzen Imbiss, natürlich. Etwas Obst oder dergleichen. Aber jetzt. Jetzt? Kommen die Kinder aus der Schule. Wäre ein Fahrrad zu flicken. Ist Hilfe bei den Hausaufgaben gefragt. Sollte der Müll mal wieder vor die Türe? Quietscht das Küchenfenster. Undsoweiter, sie haben es schon gemerkt, so einfach geht das mit dem Schreiben am meinem freien Zwanzigertag nun auch nicht.
Aber irgendwann ist es dann eben doch soweit. Nichts und niemand ruft mehr nach mir, keiner beachtet mich, ich scheine dem Vergessen anheimgefallen zu sein. Schnell schleiche ich mich in mein Büro. Ziehe Block, Bleistift oder Computer zu mir, was eben gerade gebraucht wird. Und verbringe selige Stunden im Ersinnen und Niederschreiben neuer, bisher ungedachter und niemals zuvor in dieser Dichte und Nuancierung formulierter Dialoge, innerer Betrachtungen oder sonstiger Kampfhandlungen. Ach, ist das ein Leben, als Achtzigprozentiger. Grossartig, wirklich. Obwohl, was meinen sie, wie würde es wohl erst für einen Sechzigprozentigen sein?

Journaleintrag vom 23.01.2011

Verfolgen Sie die Tagespresse, liebe Leserinnen und liebe Leser? Erfahren auch Sie auf diesem Wege jeden Tag Neues aus der Welt der richtig grossen Betrüger und Verbrecher? Ich kann Ihnen sagen, ich tue dies. Nolens volens sozusagen, denn wer will schon täglich aufs neue mitbekommen, dass wir von Kriminellen umgeben sind! Ich kann Ihnen noch mehr sagen: mich macht das ganz krank, trifft mich gleichsam im Innersten! Doch, glauben Sie mir das ruhig, weil es stimmt. Denn bitteschön: wer möchte noch frei erfundene Krimis kaufen und lesen, wenn ihm die Tageszeitung doch frei Haus und mindestens sechs Tage in der Woche True Crime im Überfluss bietet?
Da ist für mich völlig klar, Korruption, Diebstahl und Mord müssen verschwinden. Unser Alltag muss wieder sauber und friedlich werden. Keine Untaten sollen unsern täglichen Trott mehr erschüttern. Jawohl! Denn dann, dann sind alle wieder ganz wild nach frei erfundenen, hochkriminellen Geschichten, die sich um die übelsten Machenschaften drehen und uns damit einen kleinen Ausgleich für eine allzu friedliche Welt bieten. Und dann, ja dann kann ich Ihnen gleich meine neue Geschichte „Das Gebot der Reinheit“ empfehlen! Erscheint im Herbst 2011. Dauert zwar noch ein bisschen, aber ich denke, schneller werden wir das organisierte Verbrechen um uns herum ohnehin nicht in den Griff kriegen. Oder was meinen Sie?

Journaleintrag vom 17.12.2010

Liebe Leserinnen und Leser, zusammen mit meinen allerbesten Wünschen für das diesjährige Weihnachtsfest und ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2011, möchte ich mich an dieser Stelle für Ihre Treue bedanken, die Sie meinem kleinen Journal schon über Jahre halten. Ich erlaube mir, Ihnen als kleinen Dank dafür meinen ersten abgeschlossenen Kürzestweihnachtskrimi zu widmen:

Leise knirschend tönten die Schritte durch die nächtliche Stille, näherten sich zielstrebig ihrem Ziel. Da war kein Zögern oder Zaudern festzustellen, der Kerl wusste, was er wollte. Aebersold kauerte im Schatten, hielt routiniert das Tempo seiner Atmung unter Kontrolle und versuchte die Kälte zu ignorieren, die ihm unterdessen in die Knochen kroch. Beides fiel ihm schwer, wähnte er sich doch endlich am Ziel seiner seit vielen Jahren mit Beharrlichkeit geführten Ermittlungen. Wie lange schon war er an diesem komplizierten Fall dran. Jedes Jahr um diese kalte Zeit trieb sich dieser Bursche da draussen herum.
Kollegen, Vorgesetzte, ja manchmal er selber hatten schon längst nicht mehr an eine Lösung in der Angelegenheit geglaubt. Doch heute sollte es endlich soweit sein, heute würde er den Kerl auf frischer Tat ertappen, heute würde er endlich allen beweisen, dass er all die Jahre recht gehabt hatte. Heute.
Lautlos liess er kleine Atemwölkchen entweichen, schob den Sicherungshebel seiner Schusswaffe zurück und riskierte einen Blick um die Ecke, hinter der die Schritte verklungen waren. Da! Der Verbrecher hatte sich bereits daran gemacht, die Fassade einer vornehm wirkenden Villa zu erklimmen. Diese Dreistigkeit liess Aebersold für einen Moment um Fassung ringen. Doch schnell hatte er sich wieder im Griff. Jetzt galt es beherzt und ohne Zögern zuzuschlagen. Fast unhörbar folgte er dem anderen die überraschend einfach zu besteigende Hauswand hinauf. Die letzten, wenigen Schritte auf dem leicht abschüssigen Dach nahm er im Sturm, während der Täter sich bereits am Schornstein zu schaffen machte.
„Halt! Polizei!“, obgleich ausser Atem, brachte er die Worte bestimmt und mit der natürlichen Autorität seiner Stimme hervor, „das Spiel ist aus!“
Der ganz in rotes Tuch gewandete Mann hielt in seiner Bewegung inne, liess den Gegenstand, ein viereckiges Kästchen, in lächerlich kitschiges Papier eingeschlagen und mit einem rosa Band beschleift, kraftlos fallen und wandte sich mit hängenden Schultern zu Aebersold um. Der gegen den Kamin gelehnte Sack sank langsam zur Seite und gab weitere Kästchen frei, die ein Stück das Dach herunterrutschten. Der Mann hob ihm die Hände entgegen, in Erwartung zuschnappender Handschellen. Aebersold konnte sich ein zufriedenes Grinsen nicht verkneifen. Die ungewohnte Anstrengung liess ihn leicht schwindeln. Aus den Augenwinkeln meinte er einen Schlitten mit vorgespannten Rentieren durch den nächtlichen Himmel gleiten zu sehen.
‚Ich bin wirklich urlaubsreif‘, ging es ihm durch den Sinn, als er sich wieder auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren versuchte.
Die Augen des Kerls, die unter der Kapuze mit dem weissen Fellrand kaum zu erkennen waren, wirkten wie erloschen. Der weisse Bart, der den unteren Teil des Gesichtes fast zur Gänze verbarg, zitterte leicht, als der Mann leise vor sich hinstammelte, „ich bin froh, dass es endlich vorbei ist. All die Jahre … “

Journaleintrag vom 22.11.2010

So, verehrte Leserschaft, jetzt ist aber Schluss! Schluss mit Lustig. Ab dem Januar 2011 mache ich Ernst. Noch mehr Ernst mit dem Schreiben. Ihnen zuliebe, natürlich, damit Sie inskünftig in kürzeren Zyklen neue Geschichten mit Wahlmann und Dättwyler lesen können. Und auch mir zuliebe, damit ich mich mehr dem Schreiben widmen kann. Wie? Aha, indem ich einfach weniger Zeit dem opfere, was man gemeinhin so tun muss, damit der Kühlschrank immer schön voll ist und erst noch brummt. Und so weiter, Sie wissen schon: der Broterwerb. Nein, nein, ich schmeisse nicht hin. Weder ein Lottogewinn, noch eine Erbschaft. Nur einfach die Überzeugung, dass 80% meiner Schaffenskraft in den Diensten des Bruttosozialproduktes auch reichen sollten. Und dass ich die dadurch frei werdenden 20% mit persönlichem Gewinn in meine kriminellen Machenschaften stecken sollte. Ach, liebe Leserinnen und Leser, das werden Zeiten, warten Sie es nur ab. Ich werde Sie natürlich auf dem Laufenden halten …

Journaleintrag vom 20.10.2010

Ach, was ist das doch herrlich! Nein wirklich, ich bin geradzu begeistert! Wie? Vom Wetter draussen vor der Tür? Oder gar vom sich breitmachenden Herbst? Mitnichten, liebe Leserschaft. Das tangiert mich nur peripher. Nein, was mich so erfreut, ist die Tatsache, das ich in der vergangenen Woche meine neueste Geschichte abliefern konnte. Das werden Sie doch sicher auch kennen, welch ein erhebendes Gefühl die Fertigstellung einer Arbeit mit sich bringt, mit und an der man lange und intensiv herumlaborierte. Tja, jetzt liegt der Ball bei meiner Lektorin. Jetzt muss sie ran und ich kann mich faul zurücklehnen. Auf die nächste Inspiration warten. Bis sie mich in der Nase kitzelt und mir neue Geschichten, Figuren und Ideen einflüstert. Mich wieder zum Fabulieren bringt. Das dauert mal länger und mal kürzer, bis sie mich wieder zwickt, die Muse. Halt, warten Sie …. HAAAATSCHI! Da prickelt es ja schon wieder. Schnell, Papier und Bleistift. Und Sie müssen mich jetzt bitte entschuldigen, ich muss mich direkt darum kümmern.

Journaleintrag vom 13.09.2010

Schon ist sie wieder Geschichte, die Sommerfrische. Und während sich um uns herum das Wetter schon mal im Herbstwerden übt, schlagen und plagen wir – ich und meine Figuren – uns mit den alltäglichen Kämpfen eines Autors herum. Gegen Ablenkung und Konzentrationsstörungen. Gegen Muskelkrämpfe in der Schreibhand. Gegen eine Lektorin, die uns allzu gelungene Satzkonstuktionen um die Ohren haut. Sie sehen, wir Autoren haben es auch nicht leicht. Aber andererseits finden wir doch immer auch Erfüllung in unserem Tun. So durch ein kleines aber feines Auditorium auf meiner jüngsten Lesung im Kulturstüdtli in Buchs (SG). Oder durch die Tatsache, dass die erste Auflage von „Und beschere uns den Erfolg“ so gut wie ratzeputz ausverkauft ist. Nicht zuletzt durch Ihr beherztes Zugreifen im Buchhandel, liebe Leserinnen und Leser. Dafür ein herzliches Dankeschön! Da plagen wir uns doch gleich mit noch grösserer Verve weiter. Selbst mit einem ungehobelten Aebersold. Machen Sie also weiter so!

Journaleintrag vom 07.08.2010

Während diese Zeilen entstehen, sitze ich an einem einladend plätschernden Pool, irgendwo im Hinterland der geschichtsträchtigen, etruskischen Küste in der Toskana. Die Sonne scheint, das Mittagsmahl war ausgezeichnet und wenn es mir zu warm wird, springe ich für eine erfrischende Runde ins Wasser. Könnte das Leben schöner sein? Schwerlich. Aber nicht, dass Sie nun denken, ich hielte einen faulen Lenz. O nein! Ich schreibe. Schreibe, was das Zeug hält und befinde mich nun in der Zielgeraden zu meiner neuen Geschichte mit Wahlmann und Dättwyler. Merken Sie was? Im Urlaub, da bin ich doppelt so kreativ wie über den Rest des Jahres. Und in historisch bedeutsamer Umgebung fliessen mir meine Geschichten nur so aus dem Bleistift. Nun, liebe Leserinnen und Leser, hier können Sie ins Spiel kommen. Kaufen Sie fleissig meine Bücher, empfehlen Sie diese Bekannten und Verwandten und legen Sie sie zu Geburtstagen und sonstigen Festlichkeiten als Gabe bereit. Denn mit dem vielen, vielen Geld, dass ich dadurch verdienen würde, könnte ich im Jahr mehr Urlaub machen und damit deutlich mehr Geschichten schreiben. Sie ahnen ja gar nicht, wie sehr Sie das freuen würde.
So, genug für heute. Jetzt muss ich mich mal dringend abkühlen. Und dann einen Cappuccino. Und ein Eis …

Journaleintrag vom 05.07.2010

Heiss heute. So heiss, dass ich kaum schreiben kann. Fortwährend rutschen die schweissnassen Finger von den gewünschten Tasten herunter. Von der Maus ganz zu schweigen. Ausserdem kleben die Arme am vor mir liegenden Manuskript fest. Springe ich mit der rechten Hand beispielsweise zum Buchstaben ´ü´ herauf (so wie gerade jetzt), dann hüpft (da, schon wieder) das Papier ein Stück (…) mit. Und bis nachher alles wieder am richtig Platz liegt, so dass ich weiter arbeiten kann, tropft mir der Schweiss in Strömen von der Stirn. Ach herrje, ich glaube, für heute belasse ich es mal dabei. Es üst eben heiss. Einfach vüül zu heiss.

Journaleintrag vom 03.06.2010

Liebe Leserinnen und Leser, interessiert es Sie, wie es unseren Freunden Wahlmann und Dättwyler geht, und womit sich die beiden zur Zeit so beschäftigen? Dann sollten Sie sich im kommenden Jahr schon mal ein wenig Zeit zum Schmöckern reservieren, denn dann erscheint eine neue Geschichte mit unseren beiden Dillektiven. Was, werden Sie jetzt fragen, ist ein Dillektiv? Nein, keine orthografische Verwirrung, sondern ein Neologismus, also das, was der Linguist sagt, wenn er eine neue Wortschöpfung in ein Fachwort fassen möchte. Ist von mir gerade frisch neugeschöpft worden und bezeichnet eine Kombination von ´Dilletant´ und ´Detektiv´. Also ich glaube, ohne den Beiden zu nahe treten zu wollen, das umschreibt doch ziemlich genau die Tatsachen. Und das, was mir persönlich an Wahlmann und Dättwyler so gut gefällt. Denn, sind wir nicht eigentlich alle Dilletanten? Irgendwie?

Journaleintrag vom 02.05.2010

Haben sie sich schon gewundert, geneigte LeserInnen, dass sich an dieser Stellen entgegen sonstigen Gewohnheiten für lange Zeit nichts tat? Nun ja, sozusagen krankheitshalber war dieses Journal für bald zwei Monate ohne Betreuung. Nachdem diese Zeit nun hinter uns liegt, verspreche ich, es nicht wieder soweit kommen zu lassen. Soweit ich darauf einen Einfluss habe, natürlich. Hat sich denn trotz alledem etwas getan, in den hinter uns liegenden Tagen? Aber sicher! Die neue Geschichte mit Wahlmann und Dättwyler nimmt Form an. Und Umfang. Das Lektorat an meinem zweiten Buch, das im Frühjahr 2011 den Buchmarkt überschwemmen soll, ist in Arbeit, wenn ich den Versicherungen meiner Verlegerin Glauben schenken darf. Sie sehen also, liebe LeserInnen, wir lassen Sie dort draussen nicht im Regen stehen. Welcher Krankheit denn nun dieser Unterbruch meiner journalischen Anstrengungen zu verdanken sei? Ach, nichts Weltbewegendes. Sagen wir einfach, Aebersold ist am Gram darüber erkrankt, dass wenigstens eine meiner neuen Geschichten ohne die Gnade seiner Anwesenheit wächst und gedeiht. Ich habe ihm empfohlen, dies als Chance zu sehen. Krankheit als Weg, sozusagen. Ob ich ihn wirklich überzeugen konnte?

Journaleintrag vom 06.03.2010

Ein ganzer Monat ohne Journaleintrag. Ein kurzer zwar, aber dennoch ein Ganzer. Einer jedoch, in dem sich möglicherweise gewisse neue Entwicklungen ergeben haben, deren Tragweite wir noch nicht zur Gänze überschauen können. Und über die wir mithin auch noch keine Worte verlieren sollten. Eines aber – und hierzu gehen bereits erste intensive Arbeiten vonstatten – soll in meinem Märzeintrag auf jeden Fall Erwähnung finden. Habe ich die grundsätzliche Möglichkeit doch gerade erst in meinem letzten Journaleintrag, also in dem vom Januar, angekündigt. Was plappert der Bursche heute, werden Sie sich unterdessen fragen? Richtig, kommen wir auf den Punkt! Meine Verlegerin hat sich augenscheinlich die beiden Gestalten Wahlmann und Dätwyler nochmals genauer angeschaut. Und entschieden, dass die beiden zu schräg sind, als dass man sie der Leserwelt auf immer vorenthalten dürfe. Und mir die dringende Empfehlung mit auf den Weg gegeben, eine, nein viele weitere Geschichten mit diesem – aus meinem ersten Buch bereits bekannten – Duo aufzuschreiben. Wenn Ihnen die beiden Figuren auch gefielen, dann können Sie sich also auf eine (oder mehrere) Fortsetzung mit jenen freuen. Wann? Bald. Also, einigermassen bald. In Bälde, sozusagen.

Journaleintrag vom 30.01.2010

Wie doch die Zeit vergeht. Kaum ist das neue Jahr angebrochen, schon finden sich erste Ostereier in den Auslagen der Lebensmittelhändler. Doch dass die Zeit nur so dahinfliegt, bringt es leider nicht mit sich, dass die Arbeit sich in gleichem Masse entwickelt. Das wäre etwas! Trotzdem ist es keinesfalls so, dass wir untätig wären oder gar faul. Nur gehen unsere Fortschritte in kleineren Schritten vonstatten, als die des Jahreslaufs. Aber dennoch, was haben wir geschafft? Die vierte Geschichte befindet sich bereits in einem gut entwickelten Stadium. Die fünfte gar, sieht sich schon in Grundzügen geplottet, wenn auch noch endlos viele Fragen offen sind. Und dann haben wir ja ein kleines Lesevideo, welches wir der Internetgemeinschaft zur Verfügung stellen. Auch wenn Aebersold damit nicht ganz zufrieden ist, taucht er doch in der vorgelesenen Stelle gar nicht auf. Immerhin ist es mir gelungen, ihn einigermassen zu beruhigen. Du musst dich rar machen, sage ich ihm. Das bringt echte Popularität. Richtig rar muss er sich machen. Vielleicht sogar mal für eine ganze Geschichte?

Journaleintrag vom 24.12.2009

Wieder einmal ist es soweit. Am Weihnachtsbaum funkeln die Kerzen, Kinderaugen glänzen, weisser Schnee leuchtet in den Strassen. Naja, die Reste, die noch nicht zu braunem Schlamm geschmolzen sind. Wieder einmal ist es also an der Zeit, allen ein friedliches und besinnliches Weihnachtsfest zu wünschen, im Kreise der Lieben und im Sinne von … Bitte? Wieso? Aha?
Gut, also Aebersold findet, ich solle damit aufhören. Das wäre peinlich. Dann bedanke ich mich eben für 2009 bei allen, die mir, also uns beiden (Aebersold nickt) die Treue gehalten haben. Und die uns regelmässig hier im Journal oder draussen an den Büchertischen besucht haben. Wir wünschen Ihnen allen schöne Festtage und ein gesundes 2010. In dem wir wieder von uns lesen lassen werden. Ganz bestimmt!

Journaleintrag vom 25.11.2009

Nun naht sie wieder, diese einmalige Zeit im Jahreslauf, die Kinderaugen zum Leuchten und der Eltern Kreditkarten zum Glühen bringt. Die einzige Zeit des Jahres, wo die Menschen – wenigstens jene, die guten Willens sind – daran denken, einander beschenken zu wollen. Meistens Dinge, die niemand braucht, womit man dann aber immerhin dem Einzelhandel die Freudestränen in die Dollaraugen treibt. Auch ich neige in der kalten Jahreszeit zu solchen Überlegungen und trage mich in diesen Tagen mit der Fragestellung, womit ich dem guten alten Aebersold denn eine Freude machen könnte. Ein edles Rasierwasser vielleicht? Ein Halstuch? Oder eher handgenähte Lederschuhe, wie sie sein geschätzter Kollege Volpone zu tragen pflegt? Aber das ist doch alles eher unpersönlich, bringt gar nicht meine Wertschätzung zum Ausdruck. Nun denn, fragen kann man ihn wohl nicht. Diese ganze Schenkerei ist für einen Thomas Aebersold doch nur Schnickschnack. Mit sowas brauche ich ihm nicht zu kommen. Was nun also? Ach, jetzt habe ich es. Ich werde ihm eine ganz besonders schöne Szene schreiben. Eine, in der er die Fiesen so richtig zum Schwitzen bringt, in der er zum echten Helden wird. Ganz bescheiden natürlich, schliesslich dreht es sich dabei ja um Aebersold. Aber die Pressemeute mit gespitzten Bleistiften muss natürlich schon dabei sein. Ja, so werde ich es machen. Ich sehe sie schon vor mir, die leuchtenden Augen unseres Aebersold. Wie Weihnachten wird das.

Journaleintrag vom 27.10.2009

Diesmal haben wir etwas gebraucht, bis wir unseren regelmässigen Journaleintrag vornehmen konnten. Zum einen sind wir jetzt feste am Schreiben. Da bleibt ja in der Regel nicht mehr viel Zeit für andere Dinge übrig. Und dann diskutieren wir das Geschriebene, Aebersold und ich. Er besteht darauf, alles zu diskutieren. Denn er weiss, was die Leserinnen und Leser lesen wollen. Sagt er. Er hat den Draht zu seinen Lesern. Hah, seine Leser. Seine Nominierung, Sie erinnern sich? Genau! Gerade wieder fand er die Bestätigung, als wir (!) in der langen Nacht der kurzen Geschichten in Zürich gleich zwei (2!) Lesungen bestreiten mussten, weil nämlich der Andrang so gross war. Da hat er wieder gespürt, was seine (!) Leserinnen und Leser lesen wollen. Und deshalb will er immer alles Geschriebene erstmal mit mir diskutieren. Leider sind Gespräche mit Aebersold zur Zeit etwas schwierig. Nein, nein. Nicht etwa, weil man mit Aebersold nicht reden könnte. Aber er ist in diesen Tagen etwas harthörig. Eben weil der donnernde Applaus seines Publikums an der Zürcher Lesenacht so laut war, dass es ihm schier die Ohren betäubt hat. Und jetzt verständigen wir uns nur noch brüllend, Aebersold und ich. Ich brülle ihn an, damit er alles versteht. Und er brüllt mich an, … weil ich ihn ständig anbrülle. Armer Aebersold.

Journaleintrag vom 21.09.2009

Es ist ja so ein langer Weg vom Plotten (Sie erinnern sich?) bis zum ersten tatsächlichen Satz einer Geschichte. Sie müssen zunächst alle Hauptpersonen kennen, ihre wichtigsten Charaktereigenschaften, welche Schulbildung sie genossen haben, und ob sie nach übermässigem Genuss von Hülsenfrüchten an übelriechenden Flatulenzen leiden. Sie sehen schon, seine Figuren müssen dem Autor richtiggehend vertraut sein. Und dann der erste Abschnitt (der bei mir selten tatsächlich der wirklich erste Abschnitt bleibt). Der muss die geschätzte Leserschaft möglichst schnell gefangen nehmen, in die Geschichte hinein ziehen, ihn gleichsam nötigen, unbedingt weiter lesen zu wollen. Und all das habe ich getan, heute habe ich den ersten Abschnitt meiner neuen Geschichte geschrieben. Den ersten, der vielleicht später in die Mitte der Geschichte wandern wird, wie auch immer. Ein langer Weg bis dahin. Aber ein guter erster Schritt. Selbst Aebersold war ganz begeistert. Ja, er war geradezu überwältigt. Komisch, wenn er sonst so reagiert, ist da immer irgend etwas, das mich stört. Vielleicht sollte ich ihn mir nochmals sehr genau anschauen, meinen ersten Abschnitt. Am besten gleich …

Journaleintrag vom 16.08.2009

Ah, zwei Wochen Frankreich. Zwei Wochen Loire-et-Cher, Sie wissen schon: Schlösser, Natur, die Küche! Es war wunderbar, einfach wunderbar. Aebesold ist dann übrigens doch noch mitgekommen, hatte Besserung gelobt. Und dann sind wir zwischen Besichtungen im Chateau Chambord, Kajak fahren auf der Loire und Shoppen im schönen Blois noch ganz ausgezeichnet zum Arbeiten gekommen. Geplottet haben wir, also die Handlung skizziert. Gar nicht so einfach mit diesem sympathischen Ermittler zusammen. Der will die Schurken natürlich immer direkt zur Strecke bringen. Ginge es nach Aebersold, so würde meine Nummer vier bereits nach 50 Seiten enden. Aber keine Angst, da habe ich das letzte Wort. Und Aebersold, der muss schon ein paar Seiten länger schuften. Aber echt!

Journaleintrag vom 21.07.2009

Jetzt ist es passiert, Aebersold ist abgehoben. Aufgeregt hat er mir mitgeteilt, dass er und seine Geschichte für den Züricher Krimipreis nominiert wurde. Er! Nicht etwa ich. Oder wenigstens wir! Keine Rede davon, dass der allfällige Ruhm doch wohl zu einem guten Stück seinem Erfinder, seinem geistigen Vater gebührt. Nein, er ist nominiert: Thomas Aebersold, der sympathische Züricher Ermittler. Ständig liegt er mir nun damit in den Ohren. Wenn dass so weiter geht, nehme ich ihn nicht mit in den Urlaub. Dann kann er sich hier für zwei Wochen mit seiner Nominierung vergnügen. Ist doch wahr. Ich, ICH bin der Nominierte! Aebersold hörst Du? ICH!

Journaleintrag vom 22.06.2009

Er gibt keine Ruhe, in diesen Tagen. Ständig liegt er mir in den Ohren, quengelt als beständiges Hintergrundrauschen, drangsaliert mich regelrecht. Inzwischen kenne ich ihn ja recht gut. Und ich weiss, dass sind die wirklich schweren Tage im Leben des Thomas Aebersold. Wenn die eine Geschichte fertig, zuende und abgeschlossen, eine neue Geschichte, in der er glänzen und brillieren kann, aber noch nicht in Sicht ist. Was glaubt er denn? Bin ich ein Fliessbandschreiber? Kann ich mir alles einfach aus dem Ärmel schütteln? Eben nicht! Aber mal ganz ehrlich, so langsam sollte ich mal wirklich mit dem nächsten Projekt beginnen. Auch mir juckt es nämlich schon wieder in den Fingern. Aber naja, bald sind ja Sommerferien. Und dann, in der schönen, sonnigen Sologne, wird es dann wieder so richtig losgehen. Hörst Du, Aebersold? Nur noch ein wenig Geduld …

Journaleintrag vom 18.05.2009

Es liegt eine aufregende Zeit hinter uns. Also hinter Aebersold und mir, Sie wissen schon. Wir hatten geballte Termine mit Lesungen. Und natürlich Presseinterviews, rotem Teppich und was noch alles dazugehört. Natürlich! Sie wollen sehen, was den Blätterwald in diesen Tagen rauschen lässt? Schauen Sie hier. Wenn Sie mich fragen, wer von uns beiden aufgeregter war? Ganz klar Aebersold. Der hatte solche Panik, ob er gut ankommt, beim Publikum und natürlich bei den Medien. Inzwischen hat er sich aber wieder beruhigt. Ist ja schliesslich alles gut gegangen. Bis zum nächsten Mal. Und wer weiss, wie es dann laufen wird?

Journaleintrag vom 28.04.2009

Mein letzter Journaleintrag liegt nun schon etwas länger zurück. Ich kann das erklären. Ich war beschäftigt. Dank der mich innig küssenden Muse und zweier Wochen Frühlingsferien auf Sardinien, habe ich mein drittes Buch in der Rohfassung fertig stellen können! Heissa, welch ein Fest. Zusammen mit dem guten alten Aebersold sass ich am Strand der Costa Rei und konnte kriminelle Machenschaften und dunkle Flecken der Vergangenheit aufklären. – Man möchte gar nicht glauben, welchen Antrieb der Abschluss eines Projektes für das nächste gibt. Ich gaube, ich sollte bald mal wieder Urlaub machen!

Journaleintrag vom 03.03.2009

Ich habe mich verzettelt. Schon wieder! Es ist doch irgendwie immer dasselbe. Man recherchiert. Und recherchiert. Und recherchiert. Und … Sie wissen schon. Doch leider hat man sich inzwischen – sehr erfolgreich übrigens – in ein ganz anderes Thema vertieft. Für das übernächste Buch. Ungefähr so, wie wenn Sie ins Reduit gehen, um etwas zu holen. Nun sind Sie im Reduit angekommen und wissen gar nicht mehr, was Sie denn gewollt haben? Und dann … wo war ich noch gleich? Ach ja, verzettelt. Schon wieder!

Journaleintrag vom 26.01.2009

Nach einer ausführlichen Weihnachts-, Neujahrs- und Dreikönigspause, habe ich in den vergangenen Tagen die Arbeit an meinem dritten Krimi wieder aufgenommen. Es tut gut, sich wieder in seine Geschichte versenken zu können, die uns für diesmal übrigens tief in das Aargau, ins Tessin und sogar bis nach Köln führt. Und Thomas Aebersold habe ich heute auch wieder getroffen. Er hat mir fast gefehlt, der Knabe!

Journaleintrag vom 24.12.2008

Thomas Aebersold und ich wünschen allen Besucherinnen und Besuchern dieser Web Site ein wunderschönes Weihnachtsfest und ein gutes und vor allem gesundes neues Jahr. Aebersold ist der Meinung, dass Gesundheit das Allerwichtigste ist. Na ja, wenigstens ziemlich wichtig!

Journaleintrag vom 22.11.2008

Heute gibt es kein langes Geplauder. Dazu fühle ich mich sowieso viel zu vergrippt. Nur kurz: Aebersold hat mich für einmal überrascht. Er war völlig selbstlos, geradezu liebevoll. Ein Kerl, den man fast gern haben könnte. Ich jedenfalls habe ihn fast nicht wiedererkannt. Sowas von ungewohnt. Eigentlich kaum zu glauben, wie der Bursche sich plötzlich benimmt … Ich denke, die Szene wird gestrichen!

Journaleintrag vom 12.10.2008

Ich weiss, ich sollte mich schlecht fühlen. Schliesslich habe ich heute den Tod einer meiner Figuren verschuldet, habe den Täter, eine unsympathische Type, zum Mord angestiftet. Aber ich fühle mich so, wie immer. Vielleicht ein wenig schwer gegessen, heute mittag. Und naja, die Knie. Das übliche, in meinem Alter. Aber der Tod dieser Figur ficht mich nicht an. Ich bin abgestumpft, entsetzlich. Wer wird nun morgen dran glauben müssen?

Journaleintrag vom 17.09.2008

Er hat es wieder getan. Benimmt sich absichtlich wie die Axt im Walde. Und ich weiss nicht, wieso ich mir das gefallen lasse. Ich könnte ja auch einfach sagen, „gut, mach so weiter! Mach nur so weiter, Du wirst schon sehen! Dein Name ist schneller aus dem Manuskript getilgt, als Du auch nur die erste Silbe Deines Namens ausgesprochen hast.“ – Ja, das könnte ich sagen. Ich würde es ihm sogar gerne an den Kopf werfen.Also gut, Aebersold. Eine Chance hast Du noch. Dann heisst es „Suchen und Ersetzen“. Nur zum Sagen!